[16] "… I. Revision der Bekl."

[17] Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das BG dem Kl. gem. den §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch darauf zuerkannt, dass die Bekl. die Verwendung der Leistungsausschlussklausel des § 6 AVB-RSV unterlässt, und die geforderte Abmahnpauschale zugesprochen. …

[21] 2. § 6 AVB-RSV ist unwirksam. Die Regelung benachteiligt die Versicherten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB).

[22] a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei ist im Regelfall auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auch auf seine Interessen abzustellen. … Liegt – wie hier – ein Gruppenversicherungsvertrag vor, so kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (vgl. etwa für die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: Senat VersR 2011, 611 Rn 11 m.w.N. … ).

[23] b) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen (AVB) gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den auch hier maßgeblichen durchschnittlichen VN oder Versicherten verständlich ist. Vielmehr gebieten es Treu und Glauben, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. … Wird der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt, so muss dem VN oder Versicherten deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel noch besteht. … Diesen Erfordernissen entspricht die hier verwende Klausel nicht; der durchschnittliche Versicherte kann ihr nicht hinreichend klar entnehmen, was noch versichert ist.

[24] c) Die vom Kl. beanstandete Ausschlussklausel schließt die für schicksalhafte Ereignisse wie Tod, Arbeits- oder Berufsunfähigkeit versprochene Versicherungsleistung bei Vorliegen der bedingungsgemäßen Voraussetzungen insgesamt aus.

[25] aa) Ausschlussgrund sollen sämtliche dem Versicherten bekannte “ernstliche Erkrankungen‘ sein. Da der Leistungsausschluss weiter voraussetzt, dass diese Erkrankungen den Versicherungsfall herbeigeführt haben müssen, lässt sich zwar noch erkennen, dass folgenlose Bagatellerkrankungen nicht erfasst sein können. Im Übrigen fordert die Klausel aber – wie das BG zu Recht annimmt – vom Versicherten eine Einstufung bekannter Erkrankungen als “ernstlich‘, ohne ihm klare Kriterien für diese Bewertung zu geben. Der durchschnittliche Versicherte wird damit im Zeitpunkt seiner Beitrittserklärung nicht in die Lage versetzt, für seinen konkreten Einzelfall zu erkennen, welche Erkrankungen vom Ausschluss erfasst werden sollen (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2000, 1093, 1094) und in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangen kann. Er wird sich durch den Klauselwortlaut aufgerufen fühlen, eine Unterscheidung zwischen ernstlichen und nicht ernstlichen, mithin leichten Erkrankungen zu treffen und – eingedenk des Vertragszwecks – als ernstlich zunächst solche Erkrankungen ansehen, denen ein erhöhtes Risiko innewohnt, einen Versicherungsfall – das kann je nach vereinbartem Versicherungsschutz Tod, Arbeitsunfähigkeit oder eine krankheitsbedingte Leistungseinschränkung sein – herbeizuführen. In diesem vertragszweckorientierten Verständnis der Ausschlussklausel wird der Versicherte durch die im Klammerzusatz aufgeführten Krankheiten nicht unterstützt sondern verunsichert; denn dort werden neben lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Krebs oder Aids auch Erkrankungen aufgezählt, mit denen ein höheres Risiko, den Versicherungsfall herbeizuführen, nicht ohne Weiteres sondern nur unter besonderen Umständen einhergeht, etwa Erkrankungen des Kreislaufs, der Wirbelsäule, der Gelenke, der Verdauungsorgane oder auch chronische Erkrankungen. Unter die letztgenannten lassen sich sowohl für das versicherte Risiko potentiell gefährliche wie auch unbedeutende Erkrankungen einordnen.

[26] bb) Wie das BG zutreffend dargelegt hat, stellt diese Aufzählung von Krankheiten den Versicherten vor die Frage, ob sie eine Auslegungshilfe in Form von Regelbeispielen darstellen soll, die ihn nicht davon enthebt, innerhalb der beispielhaft genannten Erkrankungen – soweit es sich nicht um solche evident das Leben oder die körperliche Leistungsfähigkeit bedrohliche handelt – weiterhin deren Ernstlichkeit zu bewerten oder ob – wie die Bekl. geltend macht – die aufgeführten Erkrankungen als abgeschlossener Katalog “ernstliche Erkrankungen‘ definieren sollen. Für die letztgenannte Auslegung kann zwar sprechen, dass die Liste anders als in Fällen, die bisher Gegenstand von Entscheidungen der OLG waren (vgl. ...

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