Hinweis

Es ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der §§ 8, 10 RVG erfüllt sind. Der Kläger macht einen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen Dritte geltend. Der Schädiger schuldet im Falle eines Unfalls die Erstattung des für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlichen Geldbetrags (Palandt/Grüneberg, 73. Auflage, § 249 Rn 11). Der Dritte kann sich in einem solchen Fall nicht darauf berufen, dass die Voraussetzungen von § 8 RVG nicht vorlägen und auch nicht darauf, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten noch keine Gebührennote i.S.v. § 10 RVG gestellt hat (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.1.2010 – 2-16 S 162/09; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Auflage, § 10 Rn 7; Anwaltkommentar RVG, 4. Auflage, § 10 Rn 11 und 104; Mathias, RVG, 3. Auflage, § 10 Rn 10 m.w.N.), weil die §§ 8, 10 RVG nur das Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant betreffen (OLG Koblenz, Urt. v. 5.9.2011 – 12 U 713/10).

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Geschädigte den mit der Klage geltend gemachten Betrag bereits seinerseits an den Rechtsanwalt gezahlt hat. Zwar bestand zunächst nur ein Anspruch auf Befreiung des Geschädigten von dessen Verbindlichkeit gegenüber seinem Rechtsanwalt. Dieser Befreiungsanspruch wandelt sich jedoch entweder mit fruchtlosem Verstreichen einer gesetzten Frist gem. § 250 S. 2 BGB oder aufgrund ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung in einen Zahlungsanspruch. § 250 BGB eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des BGH gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, NJW 2004, 1868; OLG Hamburg, Urt. v. 27.2.2007 – 7 U 93/05; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 23.8.2011 – 6 U 49/11; LG Hagen, Urt. v. 2.7.2009 – 10 O 24/09).

Lediglich vorsorglich: Dies alles gilt auch für die Umsatzsteuer. Für die Zahlungspflicht des Schädigers genügt der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag zur Schadensregulierung, woraus auch die Pflicht zur Zahlung der Umsatzsteuer auf die Rechtsverfolgungskosten folgt (Sterzinger, NJW 2011, 2181; Palandt/Grüneberg, 73. Auflage, § 249 Rn 27).

 

Erläuterung:

Aufgrund der Änderungen des RVG ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr mit der Klage gerichtlich geltend zu machen, damit diese vom Schädiger erstattet wird. Häufig wird gegen den Anspruch in Unfallprozessen eingewandt, dass die Forderung unabhängig von allem anderen nicht fällig und damit der Anspruch unbegründet sei, weil die Voraussetzungen von § 8 RVG nicht erfüllt seien und darüber hinaus keine den Voraussetzungen des § 10 RVG entsprechende Gebührennote vorläge. Dieser Einwand ist genauso substanzlos wie das meist zusätzlich geltend gemachte Argument, dass der Anspruch nicht verlangt werden könne, weil der Auftraggeber die Gebührennote – noch – nicht ausgeglichen habe.

Auf all dies kommt es nicht an, wie aus dem Praxistext folgt.

Der Praxistext kann im Übrigen selbstverständlich auf alle anderen Schadenspositionen angepasst werden. Auch alle anderen Freistellungsansprüche wandeln sich in einen Zahlungsanspruch, wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert, beispielsweise im Falle offener Mietwagenkosten (Palandt/Grüneberg, 73. Auflage, § 250 Rn 2).

Autor: Jens Dötsch

RA Jens Dötsch, FA für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht, Andernach

zfs 5/2014, S. 243

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