Die P-Werke AG ist ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das Fahrräder produziert und vertreibt. Der in Salzburg wohnhafte österreichische Staatsbürger K erwarb 2007 von der G. GmbH, einer Gesellschaft mit Sitz in Österreich, ein von den P-Werken produziertes Fahrrad. Bei einer Fahrt mit diesem Fahrrad kam K in Deutschland zu Sturz, wobei er verletzt wurde. Vor dem LG Salzburg machte er unter Berufung auf die Produkthaftung der P-Werke deren Verurteilung zur Zahlung von 21.200 EUR nebst Zinsen und Nebenkosten sowie die Feststellung der Haftung dieser Gesellschaft für künftige Schäden aus dem Unfall geltend. Die von ihm angenommene Haftung der P-Werke hat er daraus abgeleitet, dass nach seiner Darstellung sein Sturz mit dem Fahrrad darauf zurückführen gewesen sei, dass sich die Gabelenden von der Radgabel gelöst hätten und die P-Werke als Herstellerin des Produkts für diesen Produktmangel hafte. Hinsichtlich der Zuständigkeit hat sich K auf Art. 5 Nr. 3 der VO (EG) Nr. 44/2001 berufen.

Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, kann in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden:"

… 3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten drohte“

Die in Kapitel II Abschnitt 2 ("Besondere Zuständigkeiten") enthaltene Bestimmung enthält in deren Art. 3 Abs. 1 die Bestimmung, dass Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, vor den Gerichten eines anderen Mitgliedsstaates nur gem. den Vorschriften der Abschnitte 2–7 dieses Kapitels verklagt werden könne. Ergänzt wird die erwähnte Verordnung durch eine weitere VO (EG) Nr. 865/2007 des Europäischen Parlaments und Rates vom 11.7.2007 über auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht ("Rom II", vgl. auch ABl. L199, S. 4), wonach der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung mit der Verordnung (Nr. 44/2001) und den Instrumenten, die das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht zum Gegenstand haben, in Einklang stehen sollen. In dieser Verordnung wurde in Art. 5 unter der Überschrift "Produkthaftung" folgende Bestimmung getroffen:

"(1) Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis im Falle eines Schadens durch ein Produkt folgendes Recht anzuwenden:"

a) das Recht des Staates, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls

b) das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls

c) das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde.

Jedoch ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn sie das Inverkehrbringen des Produkts oder eines gleichartigen Produkts in dem Staat, dessen Recht nach den Buchstaben a, b oder c anzuwenden ist, vernünftigerweise nicht voraussehen konnte.

(2) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in Absatz 1 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich insb. aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – wie einem Vertrag – ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.“

Zusätzlich wurde in den Erwägungsgründen Nr. 2, 11, 12 und 15 zu der Verordnung Nr. 44/2001 folgendes bestimmt:

"(2) Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen erschweren das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher unerlässlich, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten zu vereinfachen …"

(11) Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grds. nach dem Wohnsitz des Bekl. richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompeten...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge