" … Die Revision führt zur Aufhebung des BG und zur Zurückverweisung der Sache an das BG."

I. Das BG hat offengelassen, ob der für die Frage der Berufsunfähigkeit heranzuziehende Beruf des Kl. der des Hufbeschlagschmieds gewesen ist und ob er diesen Beruf aus gesundheitlichen und nicht aus allein wirtschaftlichen Gründen gewechselt hat. Selbst wenn man unterstelle, dass er im Beruf des Hufbeschlagschmieds zu mindestens 50 % berufsunfähig geworden sei, habe die Bekl. ihn jedenfalls in zulässiger Weise auf seine Tätigkeit als Maschinenführer verwiesen. Nach den Versicherungsbedingungen müsse es sich um eine Tätigkeit handeln, die ihm nach seiner Ausbildung und Berufserfahrung möglich sei und seiner Lebensstellung entspreche. Die erstere Voraussetzung sei aufgrund seiner Ausbildung als Landmaschinenmechaniker und einer früheren Tätigkeit als Maschinenführer im Garten- und Landschaftsbau unzweifelhaft erfüllt. Die Tätigkeit entspreche auch seiner bisherigen Lebensstellung, zu der die Verdienstmöglichkeiten, aber auch das Ansehen des Berufs in der Öffentlichkeit gehörten. Zwar habe der Kl. als selbstständiger Hufbeschlagschmied im ländlichen Bereich möglicherweise ein etwas höheres Sozialprestige gehabt als ein angestellter Maschinenführer. Dies werde aber durch das höhere und überhaupt erst jetzt einigermaßen auskömmliche Einkommen des Kl. als Maschinenführer mehr als ausgeglichen. Von seinem früheren Einkommen als Hufbeschlagschmied sei ihm dagegen praktisch nichts zum Leben verblieben.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das BG die Klage nicht abweisen. Das BG hat angenommen, dass die zwischenzeitlich ausgeübte Tätigkeit des Kl. als Maschinenführer seiner bisherigen Lebensstellung entsprach, ohne die Qualifikation des Kl., die er für seinen nach der Unterstellung des BG in gesunden Tagen zuletzt ausgeübten Beruf erworben hatte, mit der für die Tätigkeit als Maschinenführer erforderlichen zu vergleichen.

1. Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach § 2 Abs. 1 der Bedingungen der Bekl. nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die bisherige Lebensstellung wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf (Senatsurt. VersR 2010, 1023 Rn 11; NJW-RR 2003, 383 unter II 1; VersR 1997, 436 unter II 3 b). Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (…).

2. Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des BG nicht.

a) Der Umstand, dass das Einkommen des Kl. als Hufbeschlagschmied nicht zur Deckung des Lebensunterhalts ausreichte und sein Berufswechsel zu einer erheblichen Einkommenssteigerung geführt hat, ändert nichts daran, dass die für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und die hierfür notwendige Erfahrung seine berufliche Qualifikation, die durch die neue Tätigkeit nicht deutlich unterschritten werden darf, bestimmen. Der Versicherte darf in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf unabhängig von einem unter Umständen auch höheren Einkommen nicht “unterwertig‘, also seine frühere Qualifikation und seinen beruflichen oder sozialen Status unterschreitend, beschäftigt sein (Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG 5. Aufl. § 172 Rn 46).

b) Selbst wenn der Kl. – worauf sich die Revisionserwiderung beruft – seiner Darlegungslast insoweit noch nicht genügt hätte, führte dies nicht zur Abweisung der Klage. Denn er hatte mit Blick darauf, dass das BG nur eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit forderte, keinen Anlass davon auszugehen, er habe bislang nicht ausreichend zu den Vergleichsgrundlagen hinsichtlich des mit beiden Berufen verbundenen Anforderungsprofils vorgetragen. Einen der Sache nach gem. § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO gebotenen Hinweis hat das BG nicht erteilt. … “

zfs 4/2018, S. 220 - 221

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