Diese Variante[59] setzt den in Art. 7 Abs. 5 der Zweiten Führerschein-Richtlinie wie Art. 7 Abs. 5 der Dritten Führerschein-Richtlinie festgelegten Grundsatz um, dass jede Person nur Inhaber eines Führerscheins (gemeint: Fahrerlaubnis) sein kann. Ob allein der Besitz einer weiteren Fahrerlaubnis bei gleichzeitigem Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis zu deren Nichtanerkennung führt, erscheint offen. Denn eine nach Art. 8 Abs. 4 der Zweiten Führerschein-Richtlinie wie Art. 11 Abs. 4 der Dritten Führerschein-Richtlinie zur Nichtanerkennung berechtigende Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung oder des Entzugs ist gerade nicht erfolgt. Auch wenn die Begründung für diese Norm auf die Entscheidungen des EuGH vom 3.7.2008 – C-225/07, Rs. "Möginger" und vom 20.11.2008, C-1/07, Rs. "Weber" verweist,[60] ist dort kein Anhalt dafür zu finden, dass allein der Besitz einer weiteren EU-/EWR-Fahrerlaubnis im Verhältnis zu einer zuvor erteilten deutschen Fahrerlaubnis zur Ungültigkeit der später erteilten Erlaubnis führt.[61] Auch aus dem Urt. v. 19.2.2009 – C-321/07, Rs. "Schwarz", die die umgekehrte Konstellation zum Gegenstand hatte, lassen sich hierfür keine Gesichtspunkte ableiten: Ein Mitgliedstaat hatte eine Fahrerlaubnis erteilt und später dann noch der Aufenthaltsstaat eine weitere, die dann entzogen wurde. Der EuGH hat hierzu ausgeführt, dass die frühere Erlaubnis nicht zur Fahrberechtigung führe, da eine Eignungsprüfung nach dem Entzug durch den Aufenthaltsstaat nicht erfolgt ist.[62] Andererseits ist es nicht auszuschließen, dass das "Einführerscheinprinzip" vom EuGH denselben Stellenwert wie das "Wohnsitzprinzip" zuerkannt erhält mit der Folge, dass ein Verstoß hiergegen die Ungültigkeit einer später erteilten Fahrerlaubnis begründen würde.[63] Eine Entscheidung des EuGH liegt hierzu aber gerade nicht vor.[64] Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der deutsche Normgeber hier ein Regelungsbedürfnis gesehen hat.

[59] Art. 1 Nr. 7 lit. a) cc) der Fünften Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 17.12.2010, BGBl I S. 2279, Inkrafttreten 1.1.2011.
[60] BR-Drucks 580/10, S. 26.
[61] Die in Bezug genommenen Entscheidungen des EuGH hatten jeweils Sachverhalte zum Gegenstand, in denen zuvor eine Sperrfrist oder ein Fahrverbot verhängt worden war.
[62] EuGH, Urt. v. 20.11.2008 – C-321/07, Rs. "Schwarz", juris Rn 95 ff, DAR 2009, 191.
[63] Vgl. zum Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip: EuGH, Urt. v. 19.5.2011 – C-184/10, Rs. "Grasser", NJW 2011, 3635 = DAR 2011, 385.
[64] Ebenso: Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 28 FeV Rn 47.

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