Besonders unschön ist ein Fall, der sich vor kürzerer Zeit ereignet hat, zum einen, weil er von einem der größten Versicherer Deutschlands verursacht wurde, zum anderen, da es sich nicht "nur" um ein Fehlverhalten eines Sachbearbeiters handelt, sondern dies ausdrücklich von der Abteilungsleitung gutgeheißen wird.

In dem Fall ging es darum, das von dem Geschädigten bewohnte Haus durch Umbaumaßnahmen behindertengerecht zu gestalten. An den Versicherer wurde der Vorschlag gerichtet, hier einen Rehabilitationsdienstleiser zu schicken, der das Haus besichtigen und Vorschläge für den angedachten Umbau machen sollte. Stattdessen schickte aber der Versicherer einen Detektiv, der bei dem Geschädigten den Eindruck erweckte, von dem Rehabilitationsdienst zu kommen. Der Geschädigte hatte mehrmals ausdrücklich gefragt, ob der Besucher denn von dem Rehabilitationsdienst komme, was dieser zum Schluss des Gesprächs so darstellte, dass er sozusagen als "Vorbesichtiger" für den Rehabilitationsdienst von dem Versicherer beauftragt worden sei. Dieses Verhalten dem Geschädigten gegenüber war ausdrücklich mit dem Versicherer abgestimmt und ist in dem Bericht des Detektivs auch explizit so festgehalten worden. Es sei dazu angemerkt, dass der ursprünglich vorgesehene Rehabilitationsdienst hierfür keinerlei Verantwortung trägt und auch davon nichts wusste, diesem ist also auf gar keinen Fall ein Vorwurf zu machen. Dieser richtet sich hier an den Versicherer, der das Vertrauen des Geschädigten ausnutzte, der einen Rehabilitationsdienst erwartete. Da der Versicherer die Ansprüche des Geschädigten bezweifelte, kam es zu einem Prozess, in dem der Bericht des Detektives sogar eingeführt wurde.[4]

Unabhängig von der Frage, ob es überhaupt rechtens war, hier einen Detektiv einzusetzen, war dies aber auf gar keinen Fall unter dem Vorwand, indirekt Informationen für einen Rehabilitationsdienst zu sammeln, akzeptabel.

Das Schlimme daran ist, wie gesagt, dass dieses Vorgehen ausdrücklich von der Abteilungsleitung gebilligt wurde (was zu dem Schluss führt, dass dieses Verfahren offizielle Linie des Versicherers ist) und diese überhaupt keine Probleme mit dem Code of Conduct sieht.

Wenn dieses Verhalten Schule macht, wird es das Rehabilitationsmanagement insgesamt nicht nur bedrohen, sondern ihm den Garaus machen. Es ist klar, dass dann, wenn so etwas geduldet wird, kein Geschädigter mehr darauf vertrauen kann, dass auch ein Rehabilitationsdienst kommt. Es sollte durchaus darüber nachgedacht werden, bei diesem Versicherer Rehabilitationsmanagement grundsätzlich nur noch zu akzeptieren, wenn dieser eine offizielle Erklärung – ggf. gegenüber der ARGE Verkehrsrecht – abgibt, dass diese Praxis ab sofort aufgegeben wird.

[4] LG Flensburg, Az. 5 O 22/15 (vormals 2 O 166/11) – das Verfahren wurde durch Vergleich beendet.

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