" … I. Der Kl. hat gegen den Bekl. einen Honoraranspruch aus einem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag i.V.m. § 611 BGB i.H.v. 603,93 EUR für die Wahrnehmung der Interessen des Bekl. in der arbeitsrechtlichen Angelegenheit. Dass die Beauftragung des Kl. und seine Tätigkeit unter der aufschiebende Bedingung der Erteilung einer Kostendeckungszusage der Rechtsschutzversicherung stand und der Kl. kostenfrei tätig sein sollte, wenn die Rechtschutzversicherung keine Kostendeckungszusage erteilt, konnte nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, was zulasten des insoweit beweisbelasteten Bekl. geht."

Nach der h.M. (BGH NJW 1985, 497 und 2002, 2862) trägt derjenige, der aus einem Rechtsgeschäft Rechte herleitet die Beweislast dafür, dass das Rechtsgeschäft ohne aufschiebende Bedingung vorgenommen worden ist. Diese sog. Leugnungstheorie steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei der Behauptung des Gegners, es liege eine aufschiebende Bedingung für das Rechtsgeschäft vor, um ein substantiiertes Bestreiten handele und daher der Anspruchsteller die Vereinbarung eines unbedingten Geschäftes beweisen müsse. Die Einwendungstheorie hingegen ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vortrag, es liege eine aufschiebende Bedingung vor, um eine Einwendung handele, die nach allgemeinen Grundsätzen derjenige zu beweisen habe, der sie erhebe.

Nach Auffassung der erkennenden Abteilung des Gerichts ist weder die eine noch die andere Ansicht in ihrer Absolutheit zutreffend. Vor allem erweisen sich beide Theorien als nicht praxistauglich, da sie nicht die Art der jeweiligen aufschiebenden Bedingung in ihrem jeweiligen vertraglichen Umfeld berücksichtigen. Es ist aber nicht entscheidend, ob überhaupt eine aufschiebende Bedingung streitig ist, sondern welche Stellung sie im Gefüge der vertraglichen Abrede einnimmt. Handelt es sich um eine Bedingung, die einer Vertragsbedingung gleichsteht oder ihr nahekommt, also vertragstypisch ist, erscheint es gerechtfertigt, die Beweislast demjenigen aufzuerlegen, der aus einem solchen Vertrag Rechte herleiten will, obwohl die regelmäßig zu erwartende vertragstypische Bedingung fehlt. Handelt es sich aber um eine für einen Vertragstyp ungewöhnliche Bedingung, also nicht vertragstypische Bedingung, so ist es – wie bei einem Regel-Ausnahme-Verhältnis üblich – gerechtfertigt demjenigen die Beweislast aufzuerlegen, der die nicht vertragstypische Bedingung für sich in Anspruch nimmt.

Übertragen auf eine konkrete vertragliche Situation wie bei einem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag bedeutet dies Folgendes: Die Beauftragung eines Rechtsanwalts unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung einer Kostendeckungszusage seitens der Rechtschutzversicherung ist für den anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag schon aufgrund der Verbreitung von Rechtschutzversicherung eine übliche Bedingung bei der Beauftragung eines Anwalts. Es ist vertragstypisch, dass der Anwalt zunächst die Rechtschutzversicherung anschreibt und um Kostendeckung nachsucht, bevor er in der Sache tätig wird. In diesem Normalfall ist es daher nach dem oben Gesagten entsprechend der Leugnungstheorie gerechtfertigt, dem Anwalt die Beweislast aufzuerlegen, dass er auch ohne Deckungszusage für den Mandanten vergütungspflichtig tätig werden sollte, wenn der Mandant sich darauf beruft, der Anwalt sollte zuerst eine Deckungszusage einholen.

Sind die konkreten Umstände bei Auftragserteilung aber so gelagert, dass ein zügiges Tätigwerden des Anwalts erforderlich war und von dem Mandanten auch berechtigterweise erwartet werden durfte und sich weiter ein Abwarten, ob die aufschiebende Bedingung – Deckungszusage – eintritt oder nicht, als nicht interessengerecht, ja als schädlich erweisen könnte, ist es gerechtfertigt, entsprechend der Einwendungstheorie dem Mandanten die Beweislast aufzuerlegen, dass ausnahmsweise Kostenfreiheit der bereits begonnenen und in der Regel nur gegen Vergütung zu beanspruchenden Tätigkeit des Anwalts selbst für den Fall vereinbart wurde, dass eine Kostendeckungszusage nicht erteilt wird. Zu prüfen ist daher für die Frage der Beweislastverteilung, ob es sich um ein normales Mandat mit bestehender Rechtschutzversicherung handelt, so dass ein Tätigwerden des Anwalts erst ab Erteilung der Kostendeckungszusage vereinbart war oder um einen Fall bei dem ein sofortiges Tätigwerden erforderlich war und vom Mandanten auch erwartet wurde.

Vorliegend ist Letzteres der Fall.

Der Bekl. hat dem Kl. bereits unabhängig von dem Ergebnis der Kostendeckungszusage am 19.9.2011 eine Vollmacht zu seiner Vertretung in der arbeitsrechtlichen Angelegenheit erteilt. Dass die Vollmacht nur vorsorglich für ein späteres Tätigwerden des Kl. nach Erteilung der Kostendeckungszusage für den Fall der Kündigung erteilt werden sollte, ist der Vollmacht selbst nicht zu entnehmen. Weiter hat der Bekl. dem Kl. bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Arbeitsvertrag Unterlagen zur Bearbeitung überlassen. Aus den Um...

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