BGB § 290 Abs. 1

Leitsatz

1. Der Betreiber einer Waschanlage ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Fahrzeuge in der Waschanlage nicht beschädigt werden.

2. Ist die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für serienmäßig ausgerüstete Pkw eines bestimmten Fahrzeugtyps geeignet, haftet der Betreiber der Waschanlage für Schäden am Fahrzeug durch den Waschvorgang (hier: Abriss des serienmäßigen Spoilers).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.6.2015 – 9 U 29/14

Sachverhalt

Der Kl. ist Eigentümer einer Combi-Limousine, die serienmäßig mit einem Heckspoiler aus Kunststoff ausgestattet ist. Er brachte das Fahrzeug zur Bekl., die eine Tankstelle mit einer Waschanlage betreibt. Der Kl. ließ sein Fahrzeug in der Portalwaschanlage waschen. Durch den Waschvorgang wurde der Heckspoiler abgerissen. Der Kl. hat eine Fehlfunktion der Waschanlage als Ursache der Beschädigung des Spoilers angenommen und Schadensersatz gefordert.

Die Bekl. ist der Klage entgegen getreten. Sie hat behauptet, die regelmäßig gewartete Waschanlage habe ordnungsgemäß funktioniert. Im Übrigen sei ihre Haftung aufgrund einer für die Benutzung der Waschanlage maßgeblichen Bestimmung ihrer AGB, die folgenden Wortlaut hat, ausgeschlossen:

"Eine Haftung des Betreibers entfällt insb. dann, wenn ein Schaden durch oder an nicht ordnungsgemäß befestigten oder nachträglich angebrachten Fahrzeugteilen, die nicht zur Serienausstattung des Fahrzeuges gehören (z.B. Spoiler, Antenne o.ä.), verursacht worden bzw. entstanden ist, sofern nicht der Betreiber oder sein Personal grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz trifft oder eine wesentliche Vertragspflicht verletzt wurde."

Das LG hat nach der Vernehmung eines Zeugen und der Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen zur Schadensverursachung die Klage abgewiesen. Der Gutachter konnte in seinem Gutachten die für den Waschvorgang gefertigte Videoaufzeichnung auswerten. Das LG führte zur Begründung seiner Klageabweisung aus, dass die Bekl. für den bei dem Waschvorgang eingetretenen Schaden nicht verantwortlich sei, da die Waschanlage einwandfrei funktioniert habe, allein die Konstruktion des Fahrzeuges des Kl. dafür ursächlich geworden sei, dass der serienmäßige Heckspoiler unter bestimmten Voraussetzungen Angriffspunkt für eine Krafteinwirkung der Bürsten und Rotoren der Waschanlage sein könne, was zum Abriss des Spoilers geführt habe.

Die Berufung des Kl., der die Verurteilung der Bekl. zum Ersatz des an seinem Pkw bei dem Waschvorgang entstandenen Schaden und die Zuerkennung vorgerichtlicher Anwaltskosten verfolgt, hatte im Wesentlichen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

" … Die Berufung des Kl. ist im Wesentlichen begründet. Ihm steht ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 5.020,09 EUR zu."

1. Das LG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Beschädigung eines Kfz in einer Waschanlage keine verschuldensunabhängige Haftung des Betreibers der Waschanlage gibt. Eine Garantiehaftung käme nur dann in Betracht, wenn eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht für das Entstehen von Schäden in der Waschanlage vertraglich vereinbart wäre. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien jedoch nicht getroffen. Es gibt auch keine Grundlage für eine konkludente Vereinbarung einer Garantie. Es ist im Regelfall – ohne ausdrückliche Vereinbarung – nicht davon auszugehen, dass der Betreiber einer Waschanlage dem Benutzer verschuldensunabhängig garantieren will, dass sein Fahrzeug nicht beschädigt wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.1975 – VII ZR 137/73, Rn 10).

2. Die Bekl. haftet für den Schaden des Kl. jedoch gem. § 280 Abs. 1 BGB. Der Schaden wurde durch eine Pflichtverletzung verursacht, welche die Bekl. zu vertreten hat.

a) Der Schaden des Kl. ist bei der Benutzung der Waschanlage der Bekl. am 22.11.2012 entstanden. Jeder Fahrzeugbesitzer, der seinen Pkw in einer Waschanlage waschen lässt, erwartet, dass dabei keine Schäden entstehen, die in keinem Verhältnis zu dem relativ geringen Entgelt für die Benutzung der Waschanlage stehen. Für den Betreiber einer Waschanlage ergibt sich daher aus dem Waschanlagen-Vertrag eine Nebenpflicht, dafür zu sorgen, dass Fahrzeuge in der Waschanlage durch den Waschvorgang nicht beschädigt werden. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Pflicht, in einer bestimmten Art und Weise tätig zu werden; vielmehr handelt es sich um eine erfolgsbezogene Verpflichtung (vgl. BGH NJW 2005, 422 [BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 660, 661).

b) Die Verpflichtung, beim Waschvorgang Schäden vom klägerischen Fahrzeug abzuwenden, hat die Bekl. verletzt. Die Bekl. hätte, um das Fahrzeug des Kl. vor Schäden zu bewahren, im Rahmen des Waschstraßen-Vertrages eine Waschanlage zur Verfügung stellen müssen, die zur Wäsche des Fahrzeugs in diesem Sinne geeignet war. Eine solche Waschanlage hat die Bekl. dem Kl. nicht zur Verfügung gestellt. Vielmehr ist die von der Bekl. betriebene Portalwaschanlage zum Waschen des Fahrzeugtyps Pkw Renault Wind Night & Day TCe 100 generell ungeeignet. Denn aus technischen Gründen besteht ein deutliches Risiko, dass die Waschanlage bei ...

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