GG Art. 103 Abs. 1; JVEG § 4 Abs. 4; Landesverfassung Rheinland-Pfalz Art. 6 Abs. 2; ZPO § 413 § 572 Abs. 1

Leitsatz

Falls der Entschädigungsantrag des gerichtlichen Sachverständigen und seine Beschwerde gegen die Rechnungskürzung substanzielle Sachargumente enthalten, muss die Nichtabhilfeentscheidung nach § 4 Abs. 4 JVEG erkennen lassen, dass das Gericht die Sachargumente des Sachverständigen zur Kenntnis genommen, geprüft, berücksichtigt und gewürdigt hat. Fehlt es daran, ist das Grundrecht des Sachverständigen auf rechtliches Gehör verletzt, was unter Aufhebung der inhaltlich unzureichenden Nichtabhilfeentscheidung zur Rückgabe an die erste Instanz führen kann.

OLG Koblenz, Beschl. v. 21.11.2014 – 14 W 693/14

Sachverhalt

Der die Beschwerde betreibende Sachverständige wendet sich gegen die Kürzung und angeordnete teilweise Rückzahlung seiner Vergütung. In seiner Beschwerde bezog er sich auf eine Vielzahl von Entscheidungen, die im Widerspruch zu der im von ihm angegriffenen Beschluss angeordneten Kürzung stehen sollten. Der Einzelrichter half der Beschwerde aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht ab. Die Beschwerde des Sachverständigen führte zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung und zur Rückgabe an das LG.

2 Aus den Gründen:

" … Auch in Kostensachen muss die Nichtabhilfeentscheidung erkennen lassen, dass der Richter das Beschwerdevorbringen zur Kenntnis genommen, geprüft und berücksichtigt hat (st. Senats-Rspr., vgl. Senatsbeschl. v. 12.7.2000 – 14 W 458/00 in JurBüro 2002, 200–201). Nach § 4 Abs. 4 JVEG hat das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, der Beschwerde abzuhelfen, wenn sie für begründet erachtet wird; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Zweck des Abhilfeverfahrens ist es, die Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen unschwer durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 572 ZPO Rn 7 m.w.N.). Das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, ist deshalb verpflichtet, den Inhalt der Beschwerdeschrift darauf zu überprüfen, ob die angefochtene Entscheidung ohne Vorlage an das Beschwerdegericht zu ändern ist. Fehlt es an einer derartigen Prüfung, ist das vom Grundgesetz und der Landesverfassung Rheinland-Pfalz in Art. 103 Abs. 1 GG bzw. Art. 6 Abs. 2 LV RP garantierte Recht verletzt. Liegt ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor, begründet dies einen wesentlichen Mangel des Abhilfeverfahrens, der zur Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses führen kann (vgl. OLG Saarbrücken OLGR 2006, 600; OLG Rostock MDR 2008, 538; Zöller/Heßler, a.a.O.; Rn 4 und 7 m.w.N.). Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn im Einzelfall deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG ZMR 1998, 268; NJW 2011, 49)."

So liegt es hier:

Die Sache war dem Senat bereits im Oktober 2014 vorgelegt worden, was zu dem Aufhebungsbeschluss 14 W 630/14 führte. Dort hat der Senat unter anderem darauf hingewiesen (Ziffer 2 der Beschlussgründe), dass das Grundrecht des Sachverständigen auf rechtliches Gehör es gebietet, ihm die umfangreichen und sehr substantiellen Ausführungen der Bezirksrevisorin mitzuteilen, die ersichtlich zu der Honorarkürzung geführt haben.

Dass das insoweit Versäumte nunmehr nachgeholt wurde, erschließt sich aus den Akten nicht. Der Senat wiederholt daher seinen damaligen Hinweis. Dem Sachverständigen muss Gelegenheit gegeben werden, die Erwägungen der Bezirksrevisorin zu widerlegen oder ganz bzw. teilweise zu entkräften.

Ungeachtet dessen sind auch die bereits jetzt mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände des Sachverständigen inhaltlich derart substanziell, dass sie nicht mit dem Formularsatz abgetan werden durften, der Beschwerde werde “aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen‘ nicht abgeholfen. Bei der Beschlussfassung waren die Sacheinwände des Sachverständigen v. 11.11.2014 dem Gericht noch gar nicht bekannt, so dass die Beschlussbegründung v. 7.7.2014 dazu auch nichts enthalten kann.

Der weitere Satz, auch aufgrund der Beschwerdebegründung sei eine Änderung nicht geboten, ist eine Leerformel, die keinen konkreten Bezug zum. Streitfall und der Beschwerdebegründung hat.

Letztlich erscheint auch ungereimt, dass sich bei den Akten eine Teilabhilfeentscheidung befindet, die das Datum “4.7.2014‘ trägt. Die Aufhebung dieser Entscheidung durch den ersten Senatsbeschl. v. 14.10.2014 besagt nicht, dass die Teilabhilfe der Sache nach zu beanstanden war. Sie hatte seinerzeit nur deshalb zu unterbleiben, weil es bei damals noch fehlendem Rechtsmittelangriff des Sachverständigen nicht statthaft war, die Ausgangsentscheidung zugunsten der Staatskasse zu deren Nachteil zu ändern. Damit ist über den sachlichen Inhalt der (aufgehoben...

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