Macht der Geschädigte – wie G mit Schreiben vom 5.5.2014 – von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch, kann im Grundsatz nichts anderes gelten. Dass der Schädiger anstelle einer Ersatzbeschaffung den dazu erforderlichen Geldbetrag schuldet, ändert nichts daran, dass es sich um eine Form der Herstellung handelt, bei der der Geschädigte hinsichtlich des beschädigten Autos so weit wie möglich so zu stellen ist, als ob der Unfall nicht eingetreten wäre. Auch im Falle des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB wird das Interesse des Geschädigten daran geschützt, dass sein Vermögen in seiner konkreten Zusammensetzung erhalten bleibt, d.h. es wird das Integritätsinteresse, nicht bloß das Wert- oder Summeninteresse geschützt.[23] Der Geschädigte muss danach erhalten, was er benötigt, um tatsächlich Ersatz zu beschaffen. Das ist der Wiederbeschaffungswert. Denn der Verkäufer der Ersatzsache verlangt die Bezahlung des Kaufpreises in Geld. Im Rahmen der geschuldeten Totalreparation kann der Schädiger die durch das schädigende Ereignis verursachten Mühen und Risiken einer Verwertung nicht auf den Geschädigten überwälzen. Wenn demgegenüber gesagt wird, der Geschädigte müsse bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis alle zur tatsächlichen Schadensbehebung erforderlichen Maßnahmen selbst treffen,[24] so kann das allenfalls gelten, wenn er Totalreparation erlangt hat. Daran fehlt es aber bei Auskehr lediglich des Wiederbeschaffungsaufwandes.

Zu Recht hat der BGH[25] diesen Grundsatz auch auf die Verwertung beschädigter Gebrauchtwagen angewandt. Bei der Beschädigung eines neuwertigen Fahrzeugs hat der Geschädigte zwar ein gesteigertes Integritätsinteresse.[26] Dieses bezieht sich aber allein auf die Beschaffenheit der Ersatzsache: Sie soll neu und nicht bloß repariert oder fast neu sein. Hinsichtlich der Verwertung des Unfallwagens liegen die Interessen des Geschädigten gleich, mag eine neue oder eine gebrauchte Sache zu verwerten sein.

[23] Hierzu eingehend etwa BGH, Urt. v. 20.6.1972 – VI ZR 61/71, NJW 1972, 1800 ff.; ebenso etwa BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 1115, 375 ff.
[24] So Jordan, VersR 1978, 688, 696.
[25] Vgl. BGH, Urt. v. 26.3.1985 – VI ZR 267/83, VersR 1985, 736–738.

IV. Der Wechsel der Abrechnungsweise

Im Ausgangsfall stellt sich weiter die Frage, ob G seine zunächst gewählte Abrechnungsweise ändern konnte. Die mit einem Wechsel der Anspruchsgrundlage verbundenen Probleme[27] stellen sich hier nicht, weil sich der Wechsel innerhalb des einheitlichen Anspruchs aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vollzieht. Jedenfalls innerhalb ein und desselben Anspruchs ist der Geschädigte an eine einmal gewählte Abrechnungsweise nicht gebunden, wenn die Wahl lediglich zwei unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten betrifft.[28] So liegt der Fall hier. Bei beiden Abrechnungsweisen macht der Geschädigte von der Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch, und zwischen beiden Abrechnungsweisen besteht keine Wahlschuld.[29] Das Risiko, dass der Schädiger den zum Unfallzeitpunkt erzielbaren Restwert infolge einer geänderten Abrechnungsweise nicht mehr realisieren kann, betrifft nicht die Zulässigkeit der Abrechnung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, sondern die Frage nach einem mitwirkenden Verschulden bei der Geringhaltung des Schadens (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB).

Auch in dem umgekehrten Fall, dass der Geschädigte sein Fahrzeug zunächst andient, dann aber selbst verwerten will, lässt sich ein bei dem Schädiger bereits entstandener Verwertungsaufwand nach § 254 BGB berücksichtigen. Nach erfolgter Verwertung ist die Rückgabe allerdings unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB.

[27] Zur Problematik beim Wechsel von dem Anspruch nach § 249 Abs. 1 BGB zu dem Geldersatzanspruch des § 249 Abs. 2 S. 1 vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.5.1995 – 4 U 147/94, zfs 1995, 456 f.; Oetker in: MüKo (o. Fn 13), § 249 Rn 360; kritisch hierzu Knerr in: Geigel (o. Fn 16), Kap. 3 Rn 5).

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