Zum verneinten gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Pkw bei verdächtigen, die Gutgläubigkeit des Erwerbers ausschließenden Umständen vgl. OLG Koblenz zfs 2011, 623.

Der gute Glaube des Erwerbers stellt keine Erwerbsvoraussetzung dar, sondern lediglich bei dessen Fehlen einen erwerbshindernden Umstand (vgl. BGH NJW 1959, 1080; BGH NJW 1982, 38).

1) Bei der Veräußerung des Leasingfahrzeuges durch den Leasingnehmer lag kein Abhandenkommen des Fahrzeuges vor, da ein unfreiwilliger Besitzverlust der beklagten Leasinggesellschaft nicht gegeben war und damit die den Gutglaubenserwerb ausschließende Bestimmung des § 935 BGB nicht eingriff (vgl. LG Mönchengladbach NJW 2005, 3578; Neuner, JuS 2007, 401).

2) Aufgrund der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in § 932 BGB war nach dem Vorliegen eines Veräußerungstatbestandes durch Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Kl. lediglich zu prüfen, ob "verdächtige" Umstände vorlagen, die für sich gesehen oder im Zusammenwirken die Beurteilung rechtfertigten, dass der Kl. grob fahrlässig gehandelt hatte. Das war dann der Fall, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders grobem Maße verletzt hatte, sodass ihm deshalb Zweifel an dem Eigentum des Veräußerers verborgen geblieben sind (vgl. auch BGH NJW 1992, 316, 317). Dabei ist bezüglich der Anforderungen an die Sorgfaltspflichten und die Erkennbarkeit der Umstände auf die Kenntnisse und Erfahrungen des Erwerbers abzustellen, wobei an einen privaten Erwerber eine geringere Nachforschungspflicht zu stellen ist als an einen Kfz-Händler (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn 2264).

a) Für den Privaterwerber ist davon auszugehen, dass bei fehlender Vorlage des Kfz-Briefes, heute der Zulassungsbescheinigung Teil II, von einem grob fahrlässigen Verhalten des Erwerbers auszugehen ist (vgl. BGH NJW 2006, 3488; BGH NJW 2005, 1365; BGH NJW 1996, 314; BGH NJW 1975, 735; BGH MDR 1959, 207). Die Zulassungsbescheinigung Teil II nach § 12 FahrzeugzulassungsVO bestimmt zwar lediglich die Feststellung der öffentlich-rechtlichen Verantwortung einer Person für ein Kfz. Allerdings gilt die rechtliche Einordnung des BGH zum Fahrzeugbrief fort, wonach alles dafür spreche, dass der Besitzer des Briefes auch Eigentümer des Kfz sei (vgl. BGH NJW 1970, 653; MüKo/Oechsler, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Aufl., § 932 Rn 53). Da ein täuschend echt gefälschter Kfz-Brief den guten Glauben des Erwerbers nicht zerstörte (LG Mönchengladbach NJW 2005, 3578) kommt es darauf an, ob der private Erwerber die Fälschung erkennen konnte. Das wird lediglich bei offenkundigen Fälschungen der Fall sein.

b) Bei auffälliger Gestaltung des Kausalgeschäftes, insb. der Veräußerung des Gebrauchtfahrzeuges deutlich unter dem Marktwert, kann ein verdächtiger Umstand vorliegen, der Nachforschungspflichten des Erwerbers begründet (vgl. BGH NJW 1975, 735, 736; BGH NJW-RR 1987, 1456; OLG Hamburg MDR 1970, 506; OLG München NJW 2003, 673; MüKo/Oechsler, a.a.O. § 932 Rn 48). Soweit sich die Rspr. festgelegt hat, ist ein Preisnachlass von 42 % ein verdächtiger Umstand (vgl. LG München zfs 2006, 92; vgl. auch OLG Bremen MDR 2006, 986). Ein Preisnachlass von etwa 20 %, der dazu noch mit sofortigen Geldbedarf aufgrund einer bevorstehenden Scheidung motiviert wird, dürfte die Schwelle zur Annahme eines verdächtigen Umstandes noch nicht überschritten haben.

c) Eine verdächtige Erwerbssituation kann sich bei dem Erwerb des gebrauchten Kfz durch eine Privatperson von einer Privatperson nicht daraus ergeben, dass der Erwerbsvorgang auf dem Tankstellengelände oder der Straße stattfindet. Da Privatleute nicht über ein Geschäftslokal und im Allgemeinen auch nicht über geeignete Grundstücke verfügen, auf denen Gebrauchtfahrzeuge präsentiert werden können, liegt in der Wahl einer Tankstelle als Verhandlungs- und Abschlussort ersichtlich kein verdächtiger, den guten Glauben ausschließender Umstand.

Das beschränkte Prüfprogramm für Umstände, die den guten Glauben des Erwerbers beim Privatgeschäft zerstören, erlaubt nicht den Rückgriff auf weitere verdächtige Anhaltspunkte für fehlendes Eigentum des Veräußerers.

RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg

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