[6] “… II. … Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[7] 1. Nach Auffassung des BG ist die Bekl. infolge der Erfüllungsschadenklausel des § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB 84 leistungsfrei. Ob eine vertragliche Erfüllungsleistung i.S.d. Klausel vorliege, hat es in Übereinstimmung mit der st. Senatsrspr. (Senat VersR 2005, 110 unter c, cc m.w.N.; VersR 1985, 1153) danach beurteilt, ob der Geschädigte sein unmittelbares Interesse an einem vertraglich geschuldeten Leistungsgegenstand (vgl. Senat VersR 2009, 107 Rn 15, 17) geltend mache. Für solche Aufwendungen bestehe kein Versicherungsschutz. Die Ausschlussklausel lasse nur Schäden unberührt, die über das Erfüllungsinteresse hinausgingen. Bei dessen Ermittlung dürfe nicht isoliert auf die werkvertragliche Verpflichtung der Kl. zu Erdbauarbeiten abgestellt werden, weil sich die vertraglichen Beziehungen zwischen der ARGE und der Kl. darin nicht erschöpften. Für die versicherungsrechtliche Einordnung eines Anspruchs sei nicht auf die Anspruchsgrundlage abzustellen, auf die sich der Geschädigte stütze, vielmehr sei die Unterscheidung zwischen Erfüllung und Schadensersatz anhand von Inhalt und Umfang der vertraglichen Leistungspflichten zu treffen. Hier sei deshalb auch die Präambel des ARGE-Vertrages bedeutsam, nach der sich die beiden Gesellschafterinnen wechselseitig verpflichtet halten, im Verhältnis ihrer Beteiligung ihre volle unternehmerische Leistung zur Erreichung des gesellschaftlichen Zwecks einzusetzen und sich hierbei gegenseitig zu unterstützen. Dies und auch der in § 2.3 des ARGE-Vertrages beschriebene Gesellschaftszweck seien auf eine gemeinsame Durchführung des vom LfS vergebenen Auftrags gerichtet gewesen. Vertragspflichten, die sich unmittelbar darauf bezögen, zählten zur vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht und beträfen nicht lediglich das Integritätsinteresse der Mitgesellschafterinnen. Stehe – wie hier – die Beschädigung des Werks in Rede, dessen Herstellung gemeinsamer Zweck der ARGE sei, sei mithin die Erfüllung einer vertraglichen Hauptleistungspflicht betroffen. Die im Innenverhältnis der Mitgesellschafterinnen vereinbarte Arbeitsteilung in die Lose Erd- und Betonbau und die insoweit abgeschlossenen Nachunternehmerverträge änderten daran nichts.

[8] 2. Anders als das BG meint, sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erfüllt. …

[9] Der Senat hat bereits im Urt. v. 19.11.2008 (VersR 2009, 107 Rn 15) dargelegt, dass es sich bei der Voraussetzung der “an die Stelle der Erfüllungsleistung tretenden Ersatzleistung' i.S.v. § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB 84 um einen eigenständigen versicherungsrechtlichen Begriff handelt, der losgelöst davon ist, wie die vom Geschädigten erhobenen Ansprüche werkvertraglich einzuordnen sind. Für die Voraussetzung “Erfüllung von Verträgen' gilt nichts anderes. Zu Recht hat das BG deshalb dem Umstand keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass sich die Kl. neben der gemeinsam mit der Mitgesellschafterin gegenüber dem LfS übernommenen Verpflichtung zur Errichtung der Brücke als Ganzes in einem gesonderten Nachunternehmervertrag gegenüber der ARGE und der Mitgesellschafterin lediglich zur Erbringung der Erdarbeiten verpflichtet hatte, und sich die Pflicht, Gewerke der Mitgesellschafterin nicht zu beschädigen, bei isolierter Betrachtung dieses Werkvertrages als reine Nebenpflicht erwiese.

[10] 3. Was unter einer vom Versicherungsschutz ausgenommenen vertraglichen Erfüllungsleistung zu verstehen ist, muss anhand des Interesses am unmittelbaren Leistungsgegenstand bestimmt werden, wie es in den den VN bindenden Verträgen seinen Niederschlag findet. Gemessen daran ist die vom BG vorgenommene Gesamtbetrachtung der von der Kl. eingegangenen gesellschaftsrechtlichen und werkvertraglichen Verpflichtungen und ihre eigenständige versicherungsrechtliche Bewertung nicht zu beanstanden.

[11] Dabei kann hier offen bleiben, ob in erster Linie das Interesse des LfS an der Errichtung eines mangelfreien Brückenbauwerks oder das Interesse der Mitgesellschafterin und der ARGE an der Erreichung des Gesellschaftszwecks in den Blick genommen werden muss. Denn in jedem Falle erweist sich die von der Kl. vorgenommene Reparatur der Bohrpfahlwand als Erfüllungsleistung i.S.d. Ausschlussklausel. Sie diente nicht nur dem Erfüllungsinteresse des LfS als Besteller der gesamten Brücke (vgl. dazu Senat VersR 2005, 110), sondern – wie das BG im Einzelnen zutreffend darlegt – zugleich dem gemeinsamen Interesse der beiden Mitgesellschafterinnen und der ARGE an der Erreichung des Gesellschaftszwecks.“

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