"[1] Die Entscheidung beruht auf Art. 267 AEUV."

[2] A. Gegenstand des Ausgangsverfahrens

[3] Die Parteien streiten um Entschädigungsansprüche wegen des Erwerbs eines Kfz. Die Klagepartei erwarb am 20.10.2015 zu einem Bruttokaufpreis von 46.220 EUR für ihren Gewerbebetrieb von der Bekl. ein gebrauchtes Fahrzeug Mercedes Benz C 220 BlueTEC T-Modell mit einer Laufleistung von 10.205 km und einer Erstzulassung am 24.7.2015, welches nach Angabe der Bekl. die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Schadstoffklasse "Euro 6" für Dieselfahrzeuge erfüllt. Ob das Fahrzeug tatsächlich die Anforderungen für diese Eingruppierung erfüllt, steht zwischen den Parteien im Streit. Die Bekl. ist einem Rückabwicklungsansinnen der Klagepartei, welches diese mit anwaltlichen Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten unter Fristsetzung auf den 14.2.2019 an sie gerichtet hatte, nicht nachgekommen.

[4] Das Kraftfahrtbundesamt hat bislang für das streitbefangene Fahrzeug und Fahrzeuge gleichen Typs keinen amtlichen Rückruf angeordnet.

[5] Der Kl. begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages auf deliktsrechtlicher Grundlage in Gestalt der Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges an die Bekl. und ist der Auffassung, dass eine im Fahrzeug befindliche Steuerungssoftware, die unter anderem temperaturabhängig in die Abgasreinigung und deren Wirksamkeit eingreife, eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 715/2007 darstelle.

[6] B. Rechtlicher Rahmen

[7] Die Klagepartei begehrt auf der Grundlage der §§ 826, 249 Abs. 1 BGB die Rückabwicklung des Kaufvertrages auf deliktsrechtlicher Grundlage.

[8] § 826 BGB lautet:

[9] Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

[10] § 249 Abs. 1 BGB lautet:

[11] Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

[12] Ein Schaden i.S.d. § 826 BGB ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH nicht nur dann zu bejahen, wenn sich die Vermögenslage der Klagepartei durch das schädigende Verhalten verschlechtert hat. Vielmehr liegt ein ausreichender Schaden im Rahmen einer Haftung nach § 826 BGB schon dann vor, wenn zwar Leistung und Gegenleistung objektiv gleichwertig sind, der Geschädigte aber durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte (BGHZ 161, 361, 367 m.w.N.) und dessen Leistung für den Geschädigten nicht voll brauchbar ist (BGHZ 161, 361, 367; BGH VersR 1998, 905, 907).

[13] Ob ein Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich grds. nach der sog. Differenzhypothese, also nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte (vgl. BGHZ (GSZ) 98, 212, 217; BGH VersR 1998, 905, 907 jeweils m.w.N.).

[14] Dazu ist die Vermögenslage der Klagepartei zu vergleichen, und zwar die Gesamtvermögenslage (vgl. nur BGHZ 86, 128, 130 ff.; BGH VersR 1998, 905, 907), wie sie sich nach Abschluss des auf den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeuges gerichteten Vertrags darstellt, mit der Vermögenslage, wie sie sich ohne selbigen entwickelt hätte. Ein Schaden liegt dann vor, wenn bei diesem Vergleich ein rechnerisches Minus verbleibt, wenn also der Vertragsschluss für die Klagepartei wirtschaftlich nachteilig gewesen ist.

[15] Das ist grds. dann der Fall, wenn das erworbene Fahrzeug den Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausglichen werden. Bei dieser Gegenüberstellung sind die Rechnungsposten allerdings, gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes, wertend zu bestimmen (vgl. BGHZ (GSZ) 98, 212, 217 m.w.N.). Die Differenzhypothese hat sich einer normativen Kontrolle zu unterziehen, die sich einerseits an der jeweiligen Haftungsgrundlage, konkret also an dem sie ausfüllenden haftungsbegründenden Ereignis, und andererseits an der darauf beruhenden Vermögensminderung orientiert (vgl. BGHZ 182, 196) und die dabei auch die Verkehrsanschauung berücksichtigt (vgl. BGHZ (GSZ) 98, 212; BGH VersR 1998, 905, 907).

[16] Jedoch kann ein Vermögensschaden schon darin liegen, dass die Klagepartei als von dem schuldhaften Pflichtverstoß Betroffene in ihren konkreten Vermögensdispositionen beeinträchtigt ist. Der Schadensersatzanspruch dient dazu, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen; der Schadensbegriff ist mithin im Ansatz subjektbezogen (BGH VersR 1998, 905, 907 m.w.N.).

[17] Insoweit ist ausreichend, dass die Klagepartei in Folge des Kaufs des streitgegenständlichen Fahrzeuges mit einer ungewollten Verpflichtung belastet ist, sofern die vertragsgemäße Leistung der Bekl. für die Klag...

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