ZPO § 93

Leitsatz

An einem sofortigen Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO fehlt es, wenn der Bekl. im schriftlichen Vorverfahren bereits mit der Erklärung seiner Verteidigungsbereitschaft einen klageabweisenden Sachantrag ankündigt.

OLG Köln, Beschl. v. 30.4.2018 – 2 W 10/18

Sachverhalt

Nach dem Eingang der Klageschrift ordnete das Gericht das schriftliche Vorverfahren an und setzte dem Bekl. eine Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift schriftlich die Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen bzw. sich zur teilweisen oder vollständigen schriftlichen Anerkennung des seitens des Kl. vorgetragenen Anspruchs zu erklären. Der Bekl. ließ durch seinen bestellten Prozessbevollmächtigten die Verteidigungsbereitschaft erklären und kündigte gleichzeitig an, er werde beantragen, die Klage abzuweisen, wobei die Begründung in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen werde. Der Bekl. erkannte die Klageforderung in einem vier Wochen später eingegangenen Schriftsatz an und beantragte die Kosten des Rechtsstreits dem Kl. aufzuerlegen. Das Gericht hat in dem daraufhin ergangenen Anerkenntnisurteil die Kosten dem Bekl. auferlegt.

Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Bekl. gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntisurteils mit der Begründung, es liege ein sofortiges Anerkenntnis vor. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Die sofortige Beschwerde blieb erfolglos.

2 Aus den Gründen:

"… II. 1. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des beklagten Landes bleibt in der Sache ohne Erfolg."

Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits in zutreffender Weise und mit vom Senat geteilter Begründung dem beklagten Land auferlegt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Das LG hat im Rahmen seiner Kostenentscheidung zutreffend eine Anwendung des § 93 ZPO verneint.

a) Zwar kann sich entgegen der Auffassung des klagenden Insolvenzverwalters das beklagte Land darauf berufen, keinen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben zu haben. Maßgebend ist insofern das Verhalten vor Prozessbeginn. Ohne Verschulden hat das beklagte Land eine Rückgewähr der von dem Insolvenzverwalter vorprozessual mit Aufforderungsschreiben vom 10.4.2017 im Wege der Insolvenzanfechtung geforderten 111.766,09 EUR mit Antwortschreiben vom 13.4.2017 verweigert, da dieser Anspruch in dem Schriftsatz seitens des Anspruchstellers nicht schlüssig begründet worden ist. Insb. fehlten konkrete Angaben zu den Umständen, die einen Rückschluss auf die von dem Kl. geltend gemachten Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erlaubten, so waren die Fälligkeit der behaupteten Verbindlichkeiten weder ausreichend dargelegt noch hinreichend unter Beweis gestellt worden. Insoweit hat der Insolvenzverwalter im Klageverfahren selbst vorgetragen, er habe für die Fälligkeit der Verbindlichkeiten erstmalig mit der Klage die maßgeblichen Answertungen aus der Finanzbuchhaltung der Schuldnerin überreicht.

b) Das beklagte Land hat jedoch den mit der Klage geltend gemachten Anspruch nicht “sofort' anerkannt. Das LG hatte nach Eingang der Klage durch Verfügung vom 12.12.2017 das schriftliche Vorverfahren (§ 276 Abs. 1 ZPO) angeordnet. Nach der Rspr. des BGH (BGH, NJW 2006, 2490, 2491), welcher der Senat folgt, kann bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ein Bekl., der innerhalb der Notfrist des § 276 Abs. 1 ZPO seine Verteidigungsbereitschaft anzeigt, den geltend gemachten Anspruch noch i.S.d. § 93 ZPO “sofort' anerkennen, wenn er diesen Anspruch der ihm zur Klageerwiderung gesetzten Frist abgibt und seine vorherige Verteidigungsanzeige keinen auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag enthält (vgl. auch OLG Naumburg FamRZ 2008, 1643, BeckOK-ZPO/Jaspersen, Stand 1.12.2017. § 93 Rn 98; MüKo/Schulz, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 93 Rn 14.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend indes nicht erfüllt, da das beklagte Land bereits mit der Verteidigungsanzeige einen Sachantrag angekündigt und erst anschließend innerhalb der gesetzten Klageerwiderungsfrist das Anerkenntnis abgegeben hat. Für diesen Fall wird in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich die Frage beantwortet, ob insoweit noch ein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO vorliegen kann. Die Regelung des § 93 ZPO dient grundsätzlich auch dem Schutz des Bekl. vor übereilten Klagen und der Vermeidung unnötiger Prozesse. Daher kann die Billigkeitsentscheidung nach § 93 ZPO zwar nicht davon abhängen, ob ein Anerkenntnis in der Frist zur Abgabe der Verteidigungserklärung oder in der anschließenden Frist zur Klageerwiderung abgegeben wird. In beiden Fällen ist es dem Bekl. nicht zuzumuten, einen Anspruch anzuerkennen, den er nicht in einem hinreichend lang bemessenen Zeitraum prüfen konnte. Dazu darf er die – nötigenfalls verlängerte – Klagerwiderungsfrist in Anspruch nehmen. Dies führt jedoch zu keiner Ausweitung des Verfahrens; denn bis zum Abschluss dieser Frist sind, sofern die Verteidigungserklärung keinen Antrag angekündigt hat oder das Vorbringen bestreitet, in der R...

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