Die Entscheidung des BGH zeigt sehr schön, dass man die Tatbestandsalternativen des § 142 StGB nicht unterschätzen darf. Wenn der Tatrichter den Unfallort nicht konkret feststellt, kann es trotz der hier gegebenen behandlungsbedürftigen Verletzung des Täters für das berechtigte Sichentfernen bereits zu spät sein. Denn der Täter könnte, indem er zum Wagen des weiter entfernt parkenden Bekannten gelaufen ist, bereits die Variante des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt haben und damit käme es gar nicht mehr zu einer "Rettungsmöglichkeit" des Abs. 2 Nr. 2. Wenn der Unfallort konkret eingegrenzt werden soll, muss der Verteidiger im Hinterkopf haben, dass damit nicht nur der Kollisionsort, sondern auch der Sichtbereich der Unfallstelle mit einem Radius von ca. 100 m, auf Bundesautobahnen sogar noch weiter zu verstehen sein kann, je nach konkreter Lage vor Ort (NK-GVR/Quarch, 1. Aufl. 2014, § 142 StGB Rn 11 m.w.N.).

Eine spätere Rückkehr lässt den Tatbestand nicht entfallen, kann aber Auswirkungen auf eine Entscheidung nach § 111a StPO haben: Ist der einzige dem Beschuldigten zu machende Vorwurf lediglich darin begründet, dass er sich nicht unverzüglich, sondern erst mit 40-minütiger Verzögerung bei der Polizei gemeldet hat, erfüllt deshalb sein Verhalten "gerade noch" den Tatbestand der Verkehrsunfallflucht und bewegt es sich somit am untersten Rand der Strafwürdigkeit, lässt der Umstand, dass der Beschuldigte entschlossen war, sich beim Geschädigten zu melden und den Schaden zu ersetzen, regelmäßig die Indizwirkung im Rahmen des § 69 StGB entfallen, so dass der Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht als erfüllt anzusehen ist (LG Aurich, Beschl. v. 6.7.2012 – 12 Qs 81/12, juris/juris PR VerkR 25/2012, Anm. Nr. 5).

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 12/2014, S. 713 - 714

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