Innerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR, Ausnahme: Dänemark) wird die internationale Zuständigkeit durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, in Kraft getreten am 1.3.2001) geregelt, die maßgeblich für alle Klagen gegen Beklagte ist, die in einem EU-Mitgliedsstaat (mit Ausnahme von Dänemark) ihren Wohnsitz haben. Hierbei ist zwischen folgenden Gerichtsständen zu differenzieren:

a) Die EuGVVO sieht in § 2 EuGVVO ebenso wie die ZPO in den §§ 13, 17 ZPO eine allgemeine Zuständigkeit am Wohnsitz der beklagten Partei vor. Bei einer juristischen Person gilt gem. Art. 60 EuGVVO der Ort als "Wohnsitz", an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Die EuGVVO sieht in Art. 6 Nr. 1 EuGVVO den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft vor. Eine hierfür erforderliche enge Beziehung ist anzunehmen, wenn Fahrer, Halter und Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer als Gesamtschuldner verklagt werden, so dann beide an einem der Wohn- bzw. Geschäftssitze verklagt werden können. Gem. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO können diese Streitgenossen desweiteren einzeln oder zusammen am Gerichtsstand des Unfallortes, an dem das schädigende Ereignis (konkret der Erstschaden) eingetreten ist, verklagt werden.

 

Beispiel

Ereignet sich ein Unfall in Poznan am Wohnsitz des Unfallgegners, während seine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ihren Sitz in Warschau hat, können beide als Beklagte entweder bei einem polnischen Gericht in Poznan oder Warschau als Gesamtschuldner verklagt werden.

b) Mit der Entscheidung des EuGH vom 13.12.2007 (Az. C 463/0 6)[3] ist nunmehr bestätigt worden, dass der gegnerische Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, der seinen Firmensitz innerhalb der EU hat, am Wohnsitz des Geschädigten verklagt werden kann, wenn in diesem Staat eine "direkte" Klage gegen den Versicherer zugelassen ist. Der EuGH legt die Vorschrift des Art. 11 Abs. 2 EuGVVO in diesem Zusammenhang weit zugunsten des Geschädigten aus. Allerdings ist bei diesem besonderen Gerichtsstand nach Art 11 Abs. 2 EuGVVO die Annexzuständigkeit nach Art. 6 EuGVVO nicht anwendbar, die sich lediglich auf allgemeine Gerichtsstände bezieht.[4]

 

Beispiel

In oben genanntem Beispiel kann daher am Wohnsitz des Geschädigten in Deutschland auch vor einem deutschen Gericht Klage erhoben werden. Dies aber nur gegen den im EU-Ausland befindlichen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer (Art. 9, 11 EuGVVO).

[3] EuGH zfs 2008, 139; ebenso BGH zfs 2007, 143 in seinem Vorlagebeschluss.
[4] Riedmeyer zfs 2008, 602 ff.; Nugel VRR 2009 284 ff.

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