Gleichzeitig wurde in Deutschland durch den Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik ein neuer Buß- und Verwarnungsgeldkatalog zum Fahrpersonalrecht erarbeitet. Denn vor dem Hintergrund der neuen rechtlichen Grundlagen war es aus Sicht des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik erforderlich, die Grundsätze zur Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen, aber auch die einzelnen Bußgeldsätze für Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr und andere fahrpersonalrechtliche Vorschriften zu überarbeiten. Insbesondere die europäischen Schutzziele, wie der Schutz des Einzelnen vor Überlastung, die Verkehrssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch die Harmonisierung der Bußgelder in Europa, sollen dabei berücksichtigt worden sein. Die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft, dass Sanktionen für Verstöße nicht nur wirksam und verhältnismäßig, sondern auch abschreckend und nicht diskriminierend sein sollen,[1] sind nach Angaben der Verfasser genauso in die Überlegungen einbezogen worden wie die Erfahrungen der Vergangenheit. Dort, wo sich in der Vergangenheit gezeigt habe, dass das begangene Unrecht eher als niedrig zu werten ist, sind die Bußgeldsätze abgesenkt worden, weshalb geringfügige Verstöße auch weiterhin moderat geahndet werden könnten, z.B. mit einem Verwarngeld. Darüber hinaus sollte weiterhin sichergestellt werden, dass bei der Ahndung von Verstößen bundesweit einheitliche Bußgeldsätze zugrunde gelegt werden.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Anwendung der in diesem Bußgeldkatalog benannten Regelsätze allzu häufig zu einer völlig unverhältnismäßigen Ahndung führt und auch je nach Bundesland und Verfolgungsbehörde unterschiedliche Maßstäbe angesetzt werden. Im Rahmen der Verteidigung sollte daher immer erst einmal darauf hingewiesen werden, dass dieser Bußgeldkatalog nicht bindend ist:

Denn im Gegensatz zum bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten, der in Form einer Rechtsverordnung ausgestaltet ist (sog. BKatV) und der Vereinheitlichung von Massenordnungswidrigkeiten dient, ist der Buß- und Verwarngeldkatalog für Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr nicht bindend. Abweichend von dem Bußgeldkatalog auf dem Gebiet des allgemeinen Verkehrsrechts, der unter maßgeblicher Mitarbeit erfahrener Verkehrsrichter erstellt wurde, handelt es sich nämlich bei dem Bußgeldkatalog für die Verstöße nach dem Fahrpersonalgesetz lediglich um eine Handlungsanweisung für die Mitarbeiter der für die Durchführung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr zuständigen Aufsichtsbehörden und den Versuch einer verwaltungsinternen Vereinheitlichung für die gleichmäßige Ahndung gleich gelagerter Verstöße. So wurde auch zahlreich obergerichtlich entschieden, dass die außerhalb der Ermächtigung nach § 26a StVG ergangenen Bußgeldkataloge – wie der für Verstöße nach dem Fahrpersonalgesetz – trotz Vorliegen einer Indizwirkung grundsätzlich nicht verbindlich sind, weshalb die Sätze des jeweiligen Bußgeldkataloges auf ihre Angemessenheit im Einzelfall zu überprüfen sind.[2]

Die im Buß- und Verwarngeldkatalog bestimmten Beträge sind Regelsätze, die von vorsätzlicher Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen ausgehen. Aus diesem Grund sind die Bußgeldbehörden gehalten, objektive und subjektive Tatumstände, die die Handlung im Vergleich zum Regelfall als weniger schwerwiegend oder auch schwerwiegender kennzeichnen, zugunsten oder zuungunsten des Betroffenen zu berücksichtigen und somit im Einzelfall vom Regelsatz abzuweichen.

[1] Erwägungsgrund Nr. 26 zur VO (EG) 561/06.
[2] Vgl. OLG Karlsruhe, VRS 108, 63–66, OLG Hamm, VRS 91, 156 ff.; OLG Köln, VRS 59, 393 ff.; OLG Karlsruhe, VRS 67, 475.

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