ZPO §§ 124,127; RVG § 23; VV RVG Nr. 3335

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens gegen die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung ist dann entsprechend Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3335 VV RVG auf den Wert der Hauptsache festzusetzen, wenn sich die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage richtet.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.6.2010 – 7 W 25/10

Das LG Stuttgart hatte den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller, vertreten durch seinen Verfahrensbevollmächtigten, Beschwerde eingelegt, die das OLG Stuttgart zurückgewiesen hat. Hieraufhin beantragte der Rechtsanwalt die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren. Das OLG Stuttgart hat diesen Wert auf den für die Hauptsache maßgebenden Wert, hier auf 6.680 EUR, festgesetzt.

Aus den Gründen:

[1] Der Antrag des Antragsteller-Vertreters ist nach § 33 Abs. 1, 2 RVG zulässig. Denn die Gebühren für das gerichtliche Verfahren richten sich nicht nach dem hierfür maßgebenden Wert, sondern betragen nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1812 KV GKG pauschal 50,00 EUR. Die Vergütung ist nach § 8 Abs. 1 RVG spätestens mit dem Zurückweisungsbeschluss des Senats vom 13.4.2010 (Bl. 140 ff. d. A.) fällig.

[2] Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren gegen die Prozesskostenhilfe versagende Entscheidung ist nach § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Danach war er dem Wert der Hauptsache entsprechend festzusetzen (so auch VGH München NJW 2007, 861; OLG Frankfurt/M. JurBüro 1992, 98; BayOLG JurBüro 1990, 1640; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.7.1980 – 14 W 15/80; Hartmann, KostG, 38. Aufl. 2008, Nr. 3335 VV RVG, Rn 18; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, Rn 77; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn 4402 f.; Madert/v. Seltmann, Gegenstandswert in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, 5. Aufl. 2008, Rn 373 f.; a.A.: OLG Koblenz, Beschl. v. 30.3.1990, Az. 14 W 108/90).

[3] Eine ausdrückliche Regelung zur Bestimmung des Gegenstandswertes gibt es nicht. In Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG findet sich eine solche lediglich für die Verfahren der Bewilligung der Prozesskostenhilfe und deren Aufhebung nach § 124 Nr. 1 ZPO. Danach entspricht der Gegenstandswert dem für die Hauptsache geltenden Wert.

[4] Obwohl Nr. 3500 VV RVG nicht auf die Anmerkung zu Nr. 3335 VV RVG verweist, ist der Gegenstandswert gleichermaßen zu bestimmen, da sich die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage gerichtet hat.

[5] Entgegen der Auffassung des OLG Koblenz zur Vorgängervorschrift des § 51 Abs. 2 BRAGO (JurBüro 1991, 253) handelt es sich bei der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG nicht um eine Spezialvorschrift, die die Anwendung auf das Beschwerdeverfahren verbietet. Denn zum einen soll mit der Bestimmung nach billigem Ermessen (§ 23 Abs. 3 Satz 1 RVG) eine dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende Entscheidung gerade ermöglicht werden, die auch die Anwendung einer für wenige Fälle geltenden Norm nicht generell ausschließen kann. Dass Abs. 1 der Anm. zu Nr. 3335 VV RVG speziell auf das Bewilligungsverfahren und das Verfahren der Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 1 ZPO abstellt, schließt die Anwendung auf Beschwerdeverfahren nicht per se aus, da Nr. 3335 VV RVG nur für Prozesskostenhilfeentscheidungen des Prozessgerichts gilt. Denn "Sonstige besondere Verfahren" (Überschrift zu Unterabschnitt 6 des Abschnitts 3) erfassen die Beschwerdeverfahren (Überschrift Abschnitt 5) gerade nicht.

[6] Zum anderen erfolgte mit der Benennung der Verfahren zur Bewilligung und zu ihrer Aufhebung wegen unrichtiger Angaben zur Sache offensichtlich insbesondere eine Abgrenzung zum Verfahren über die Ratenhöhe (vgl. Hartmann, a.a.O., Nr. 3335 VV RVG, Rn 18) sowie zur Aufhebung der Bewilligung aus sonstigen Gründen nach § 124 Nrn. 2 – 4 ZPO (vgl. Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 3335 VV RVG, Rn 74 f.), also zu Verfahren, die regelmäßig keine vertiefte juristische Prüfung erfordern.

[7] Daraus ist zu schließen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Gegenstandswert immer dann nach dem Wert der Hauptsache zu bestimmen ist, wenn eine – der Hauptsache entsprechende – sachliche Aufbereitung des bzw. der Auseinandersetzung mit dem Streitstoff erfolgt. So begründete er auf S. 217 f. der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1971) die Anm. zu Nr. 3335 VV RVG gerade damit, dass die Vorarbeiten des Prozesskostenantrages auf Grund des zum Antrag regelmäßig erforderlichen Klageentwurfs die eigentliche gedankliche Leistung des Rechtsanwalts darstellt. Wenn sich der Anwalt sachlich gegen die Ablehnung des mit dieser Leistung gestellten Antrages wendet und sich wieder entsprechend einarbeiten muss, kann nichts anderes gelten.

[8] Das OLG Koblenz hat seine – abweichende – Entscheidung u.a. damit begründet, dass mit der Bestimmung eines dem Wert der H...

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