In der Praxis erledigen sich die streitigen Fälle in der Regel durch Zeitablauf. D. h. im Verlauf des Rechtsstreits wird die Frist der Weiternutzung von sechs Monaten überschritten. Der beklagte Versicherer zahlt dann entweder die Differenz zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Reparaturkosten an den Kläger, der den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt oder es erfolgt ein Anerkenntnis seitens des Versicherers unter Protest gegen die Kostenlast. Ist das Gericht der Auffassung, der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten war bei Klageerhebung bereits fällig, wird es der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegen. Andernfalls hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Kostenbeschwerden haben dann auch zu den ersten veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidungen geführt.

Nach Ansicht des OLG Nürnberg[4] stellt die Nutzungsdauer von sechs Monaten keine Fälligkeitsvoraussetzung für den Anspruch des Geschädigten dar. Mit Durchführung der Reparatur bei bestehendem Integritätsinteresse habe der Geschädigte einen sofort fälligen Anspruch auf Schadensersatz. Hat der Geschädigte sein Fahrzeug sechs Monate weitergenutzt, stehe unzweifelhaft fest, dass er von Anfang an ein Interesse daran hatte sei Fahrzeug weiterzunutzen (Integritätsinteresse). Eine vorübergehende Beweisnot des Geschädigten ändere hieran nichts. Es sei dann das Prozessrisiko des beklagten Versicherers, wenn dieser einen begründeten und fälligen Anspruch nicht sofort begleicht, weil der Geschädigte möglicherweise sein Integritätsinteresse – das er ggf. auch auf andere Weise belegen könne – noch nicht beweisen kann. Der Beschluss des OLG Nürnberg ist zwar vor der Entscheidung des BGH zur Weiternutzung im Fall der konkreten Abrechnung ergangen. Die Argumentation knüpft allerdings auch nicht an der Frage an, ob bei konkreter Abrechnung überhaupt eine Weiternutzung von sechs Monaten erforderlich sei.[5] Dies konnte dahinstehen, weil der Kläger sein Fahrzeug tatsächlich mindestens sechs Monate weitergenutzt hatte.

Auch das OLG Frankfurt[6] vertritt die Auffassung, der Anspruch sei sofort fällig. Zwar differenziert das OLG unter Bezugnahme auf die ersten beiden Entscheidungen des BGH zwischen fiktiver und konkreter Abrechnung (und erwähnt die dritte Entscheidung des BGH zur konkreten Abrechnung nicht). Die rechtlichen Erwägungen können jedoch auch vor dem Hintergrund des jüngsten Urteils des BGH bestand haben. Der Geschädigte habe mit der Durchführung der Reparatur in schützenswerter Weise disponiert und von seinem Wahlrecht zwischen angemessener Reparatur oder Ersatzbeschaffung Gebrauch gemacht. Dieses in der Rechtsprechung anerkannte Wahlrecht werde ausgehöhlt, wenn der Geschädigte über einen nicht unerheblichen Teil der Reparaturkosten in Vorlage treten müsste. Er habe deshalb einen fälligen Ersatzanspruch, sobald er einen entsprechenden Kostennachweis führe.

Das OLG Düsseldorf[7] vertritt die gegenteilige Auffassung und bezieht sich hierbei auf die Rechtsprechung des BGH zur 6-Monatsfrist. Der Schädiger dürfe mit dem vollständigen Ausgleich des Schadens so lange warten, bis der Geschädigte sein Interesse an der Erhaltung des Fahrzeugs hinreichend nachgewiesen hat. Hierzu genüge nicht bereits der Nachweis der vollständigen und fachgerechten Reparatur. Vielmehr könne er seinen Anspruch mit Erfolg nur durchsetzen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weitergenutzt habe.

[4] Beschluss v. 7.8.2007 – 2 W 1109/07 – DAR 2008, 27; ähnlich AG Dortmund, Urt. v. 22.4.2008 – 428 C 11173/07 – zfs 2008, 505.
[5] So aber OLG Celle NJW 2008, 928; LG Essen Urt. v. 14.4.2008 – 3 O 48/08 (juris).
[6] Beschluss v. 2.6.2008 – 12 W 24/08 – zfs 2008, 505.
[7] Beschluss v. 3.3.2008 – 1 W 6/08 – RuS 2008, 216.

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