Insgesamt werden mit der FRL einige Probleme beseitigt, gleichzeitig aber neue geschaffen. Anders als die Vorgängerregelung in Art. 8 Abs. 4 der Zweiten Führerscheinrichtlinie, die eine Ermessensregelung vorsah, ist der Aufnahmestaat nach der Regelung in Art. 11 Abs. 4 FRL nunmehr zur Nichtanerkennung verpflichtet. Daraus folgt, dass in Deutschland eine im europäischen Ausland erteilte Fahrerlaubnis nicht als gültig angesehen werden muss, wenn dem Betreffenden vorher die Fahrerlaubnis im Inland entzogen wurde. Allerdings wird die Vorschrift erst sechs Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie ihre Wirkung entfalten, da eine vor dem 19.1.2013 erteilte Fahrerlaubnis weder entzogen noch in irgendeiner Weise eingeschränkt werden darf (Art. 13 Abs. 2 FRL).[19] Die Richtlinie ist zwar teilweise am 19.1.2007 in Kraft getreten (Art. 18 Abs. 1 FRL), bestimmte Regelungen erlangen aber erst am 19.1.2009 ihre Wirksamkeit (Art. 16 FRL).[20] Bei dieser verwirrenden Übergangslösung ist umstritten, ob und inwieweit Art. 11 Abs. 4 FRL bereits heute Anwendung findet. Im Gegensatz zu EG-Verordnungen müssen EG-Richtlinien und damit auch die FRL zunächst in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Im Bundesjustizministerium geht man davon aus, dass erst noch eine Umsetzung der FRL in innerstaatliches Recht erfolgen muss.[21] Vor diesem Hintergrund erscheint es bedenklich, wenn der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung durch den Rückgriff auf den Gedanken des Missbrauchs von Gemeinschaftsrecht vor Inkrafttreten der Richtlinie durchbrochen wird. Festzustellen ist, dass durch die Mindestanforderungen in der Richtlinie klargestellt wird, dass das nationale Recht weitergehende Anforderungen an Verkehrsteilnehmer stellen darf, um das Verkehrssicherheitsniveau zu erhöhen. Wenn die Mitgliedstaaten intensivere Maßnahmen ergreifen, um den Missbrauch einzuschränken, dann muss das auch für solche Personen gelten, die im Ausland ihre Fahrerlaubnis erwerben, um die inländischen Anforderungen zu umgehen.

[19] Kritisch zur FRL Riedmeyer, zfs 2007, S. 241; Geiger, DAR 2007, S. 126 ff.
[20] Umstritten ist, ob Art. 11 Abs. 4 FRL überhaupt der Umsetzung bedarf. In Art. 16 FRL wird eine Umsetzung in innerstaatliches Recht bis zum 19.1.2011 nur für bestimmte Artikel der Richtlinie angeordnet. Art. 11 wird dort nicht erwähnt. Hierzu auch der Beschl. des BayVGH v. 22.2.2007 (11 CS 06.1644), in dem der Gerichtshof den Standpunkt vertritt, dass Art. 11 Abs. 4, obwohl diese Bestimmung gem. Art. 18 Abs. 1 FRL bereits heute existierendes Gemeinschaftsrecht darstellt, vor dem 19.1.2009 unanwendbar ist. Dazu auch VGH München, DAR 2007, S. 537, Blum, NZV 2008, S. 180; Thoms, DAR 2007, S. 287 f.
[21] Beitrag der Bundesministerin der Justiz Zypries, NJW 2007, S. 1425.

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