Bei der rechtlichen Beurteilung einer Anfechtung des Kaufvertrags ist dabei zunächst zu beachten, dass der Käufer in der Regel sein Fahrzeug bei einem Händler und nicht direkt beim VW-Konzern erworben hat. Problematisch für eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB ist die Zurechnung der Täuschungshandlung. Arglist erfordert dabei wenigstens bedingten Vorsatz, jedoch keine Absicht oder Schädigungsvorsatz. Je nachdem wie eng das jeweilige Autohaus mit dem VW-Konzern verbunden ist, bieten sich Argumentationsansätze für eine Wissenszurechnung des Fahrzeugverkäufers im Hinblick auf den Einbau der manipulierten Software.

So hat beispielhaft das LG München[2] eine arglistige Täuschung des beklagten Autohauses bejaht und ihm das Wissen der Ingenieure des Mutterkonzerns zugerechnet. In dem vom LG München zu beurteilenden Fall hielt der VW-Mutterkonzern über mehrere zwischengeschaltete Gesellschaften Gesellschaftsanteile an dem beklagten Autohaus. Das Gericht glaubte hier ferner dem Kläger, dass die Täuschung ursächlich für die Willensbildung des Klägers gewesen sei und dass er in Kenntnis der wahren Abgaswerte seines erworbenen Fahrzeugs eine andere Kaufentscheidung getroffen hätte.

Anders wurde diese Frage vom OLG Celle[3] bewertet. Insbesondere deshalb, da lediglich einem kleinen Teil der Mitarbeiter des VW-Konzerns die Verwendung der Software bekannt gewesen ist und der Skandal erst durch die US-Ermittlungsbehörden aufgedeckt werden konnte. Daher könne dem Autoverkäufer vor Ort ein solches Wissen nicht zugerechnet werden, argumentierten die Richter in Celle. Dem folgte auch das LG Stralsund mit derselben Argumentation.[4]

[2] LG München I, Urt. v. 14.4.2016 – 23 O 23033/15.
[3] OLG Celle, Beschl. v. 30.6.2016 – 7 W 26/16.
[4] LG Stralsund, Urt. v. 3.3.2016 – 6 O 236/15 (nicht rkr.).

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