1. Die Entscheidung zeigt, welche Nachteile bei einer Abtretung von Schadensersatzforderungen erfüllungshalber an einen Sachverständigen bestehen. Der Geschädigte hat seiner Darlegungslast zur Höhe des ihm erwachsenen Schadens – hier der Sachverständigenkosten – genügt, wenn er die Rechnung vorlegt und die Rechnung beglichen hat. Die Begleichung der Rechnung hat Indizwirkung für die Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Aufwendungen. Grund für die Indizwirkung ist der Umstand, dass der Geschädigte bei der Bestimmung des erforderlichen Betrags i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur über begrenzte Einsichtsmöglichkeiten verfügt, so dass er mit Recht davon ausgeht, dass der von ihm gezahlte Betrag dem Herstellungsaufwand entspricht (vgl. BGH zfs 2016, 553, 561). Die vertragsrechtliche Bemessung des Honorars des Sachverständigen ist von der schadensrechtlichen Beurteilung unabhängig, die Erstattungspflicht ist aus der Sicht des Geschädigten zu beurteilen, so dass eine vertragsrechtlich überhöhte Rechnung schadensrechtlich zu erstatten sein kann (vgl. BGH zfs 2007, 507; Müller, in Himmelreich/Halm, Fachanwaltshandbuch Verkehrsrecht, 5. Aufl., Kapitel 1 Rn 226 m.w.N.; Diehl, zfs 2016, 565). Damit trägt der Grundsatz nicht weit, dass der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens notwendig erscheinen (vgl. BGH zfs 2016, 559, 561 Rn 13). Da der Geschädigte im Regelfall nicht über gesicherte Kenntnisse zur Bemessung des Sachverständigenhonorars verfügt, kann er – von Fällen evidenter Überhöhung des geforderten Honorars abgesehen – die Angemessenheit des Honorars nicht beurteilen. Die subjektbezogene Schadensbetrachtung ist Grundlage dafür, dass die Rechnung die Erwartung des Geschädigten begründen kann, den erforderlichen Herstellungsaufwand mitgeteilt erhalten zu haben.

2. Diese Indizwirkung sieht der BGH in den häufiger werdenden Fällen der an den Sachverständigen oder in den weiter abgetretenen Forderungen nicht als gegeben an (so schon BGH zfs 2016, 559, 561 Rn 12). Die erfüllungshalber erfolgte Abtretung führt nicht zum Übergang der Indizwirkung, die auch erst durch die Begleichung der Rechnung des Sachverständigen begründet wird. Ein Einfallstor für Auseinandersetzungen bietet die Bemerkung des BGH, dass die Rechnung des Sachverständigen der "Preisvereinbarung" entsprechen müsse. Ob solche Preisvereinbarungen vor Erstattung des Gutachtens häufig getroffen werden, ist zweifelhaft. Wittschier weist mit Recht darauf hin, dass dieses nicht näher begründete Erfordernis des Vertrauens des Geschädigten auf die Wiedergabe des erforderlichen Herstellungsaufwands in der Sachverständigenrechnung bei Fehlen einer Preisvereinbarung die Gefahr der Klageabweisung begründet (NJW 2016, 3365). Die fehlende Indizwirkung der Rechnung des Sachverständigen allein lässt es ratsam erscheinen, dass der Geschädigte die Kosten des Sachverständigen gegenüber diesem begleicht und gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer einklagt. Dass der oft aufgrund des Unfalls beeinträchtigten Liquidität des Geschädigten damit – anders als bei einer Abtretung an den Sachverständigen – nicht mehr Rechnung getragen wird, ist eine bedauerliche Folge der Ansicht des BGH über die Notwendigkeit einer Preisvereinbarung zur Höhe der Sachverständigenkosten vor der Erstattung des Gutachtens. Da die genaue Höhe der erforderlichen Arbeiten des Sachverständigen (welche Schadenshöhe zur Bemessung des Grundhonorars, welche Fahrtkosten, Schreibkosten, Porti, Fotosatzkosten?) vor Gutachtenerstattung nicht bekannt sind, sollten die vom BGH vertretenen Bemessungsgrundsätze (Grundhonorar nach der Höhe des Schadens und der Tabelle des BVSK, Nebenkosten nach JVEG, vgl. BGH zfs 2007, 507; BGH zfs 2016, 559; Diehl, zfs 2016, 565 m.w.N.) vereinbart werden.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 1/2017, S. 23 - 26

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