" … Die gem. § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch sonst zulässige, insb. fristgerecht eingelegte und mit der Sachrüge zulässig begründete Rechtsbeschwerde der StA hat in der Sache Erfolg."

Gegen den Betr. war gem. §§ 24, 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 26a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BKatV i.V.m. lfd. Nr. 132.3 BKat neben einer Geldbuße von 200 EUR die Anordnung eines Fahrverbots für die Dauer eines Monats wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel zu anzuordnen. Dies hat das AG auch nicht verkannt, jedoch von der Anordnung eines Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung des als Regelsatz vorgesehenen Bußgeldes auf 400 EUR mit der Begründung abgesehen, zugunsten des Betr. sei von einem “Augenblicksversagen’ auszugehen, wie es auch dem sorgfältigsten Kraftfahrer unterlaufen könne. In diesem Zusammenhang finden sich keine näheren Ausführungen dazu, worin der Tatrichter dieses “Augenblicksversagen’ erkennen möchte. Diese Erwägung ist schon deswegen nicht haltbar, weil das AG verabsäumt, die Umstände, aus denen es auf ein “Augenblicksversagen’ schließt, überhaupt zu benennen. Aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann allenfalls gemutmaßt werden, dass der Tatrichter die von ihm angenommene Verwechselung des Rotlichts mit dem Grünlicht der in gleicher Richtung führenden Fußgängerampel insoweit als maßgeblich ansieht. Sollte dies vom AG so gemeint sein, wäre diese Einschätzung freilich gänzlich unhaltbar. Denn ein sog. Augenblicksversagen, welches ein Absehen vom Regelfahrverbot rechtfertigen würde, scheidet in Fällen grober Pflichtverletzung von vornherein aus (vgl. BGHSt 43, 241). Im Falle einer Verwechslung einer Fußgängerampel mit der für den fließenden Verkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage kann aber schlechterdings nur von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden. Denn es handelt sich bei der Verpflichtung zur Unterscheidung einer Fußgängerampel und der für den Kraftfahrer maßgeblichen Ampel um eine grundlegende, auch völlig einfach zu erfüllende Mindestanforderung, die ein Verkehrsteilnehmer in jeder Lage ohne Weiteres bewältigen muss. Eine derartige Verwechslung lässt – wenn und soweit keine weiteren besonderen Umstände hinzutreten – nur den Schluss auf eine außerordentlich gravierende Pflichtverletzung des Betr. zu, bei der ein Absehen vom Regelfahrverbot nicht gerechtfertigt ist.

Nach alledem ist auf die Rechtsbeschwerde der StA das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mitsamt der Kostenentscheidung aufzuheben. Wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße betrifft die Aufhebung den gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 353 StPO). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 353 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG).

Ergänzend bemerkt der Senat:

Entgegen der Ausführungen der GenStA sind die Feststellungen des AG zum Vorliegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes ausreichend. Es ist im angefochtenen Urteil hinreichend beschrieben, dass der Rotlichtverstoß zu einem Zeitpunkt begangen wurde, als das Rotlicht bereits länger als eine Sekunde angedauert hatte. Dies genügt für einen qualifizierten Verstoß. Die Frage, ob die Beweiswürdigung der rechtlichen Nachprüfung standhält, stellt sich wegen der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch nicht, weil das Rechtsbeschwerdegericht in einem solchen Fall die Beweiswürdigung einer Überprüfung auf Rechtsfehler nicht zu unterziehen hat.“

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