[…] II.

1. Dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde entnimmt der Senat, dass der Betroffene diese auf das Fehlen der Fristenanordnung nach § 25 Abs. 2a S. 1 StVG beschränkt hat.

Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Entscheidung über die (Nicht-)Gewährung der verlängerten Abgabefrist nach § 25 Abs. 2a S. 1 StVG ist isoliert anfechtbar. Denn dabei handelt es sich um einen in sich selbstständigen Punkt mit eigenem Entscheidungsgehalt innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs, der sich losgelöst von der Entscheidung im Übrigen beurteilen lässt (vgl. OLG Düsseldorf NZV 1999, 50) und nicht notwendig bereits bei Verhängung des Fahrverbotes feststehen muss (vgl. KG, Beschl. v. 28.3.2019 – 3 Ws (B) 94/19; OLG Jena VRS 111, 152).

2. Der Betroffene dringt mit seiner Sachrüge durch.

a) Wie sich aus § 72 Abs. 4 Satz 3 und 4 OWiG ergibt, gelten für die Begründung eines verurteilenden Beschlusses nach § 72 OWiG die gleichen Anforderungen, die an eine Urteilsbegründung zu stellen sind. Eine unterschiedliche Form der Begründung ist nicht vorgesehen, da der Beschluss nach § 72 OWiG grundsätzlich – abgesehen von den Fällen des § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 und dem Ausschluss der Zulassungsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG – mit dem gleichen Rechtsmittel anfechtbar ist wie das Urteil (vgl. KG, Beschl. v. 16.1.2019 – 3 Ws (B) 312/18; Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl., § 72 Rn 63) und damit auch dem gleichen Prüfungsmaßstab unterliegt. Zwar sind an die Gründe eines Urteils oder eines Beschlusses in Bußgeldsachen keinen hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHSt 39, 291; KG, Beschl. v. 27.3.2017 – 3 Ws (B) 581/16). Die Gründe müssen aber so beschaffen sein, dass diese zu den entscheidungserheblichen Vorgängen und Umständen Feststellungen sowie eine Beweiswürdigung enthalten, aus der sich die durchgeführten Beweiserhebungen, deren Ergebnis und deren Beurteilung durch das Tatgericht ergeben (OLG Jena, Beschl. v. 2.8.2006 – 1 Ss 144/06 – BeckRS 2007, 5390). Dies gilt gleichermaßen für die ausgesprochenen Rechtsfolgen (OLG Bamberg BeckRS 2018, 33056 m.w.N.).

b) Den Anforderungen an die Begründung eines verurteilenden Beschlusses wird der Beschluss des Amtsgerichts, soweit er angegriffen worden ist, nicht gerecht. Denn die Urteilsausführungen erweisen sich im Hinblick auf die unterbliebene Anordnung zum Wirksamwerden des Fahrverbots als lückenhaft.

Ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass gegen den Betroffenen wegen des Vorliegens einer groben oder beharrlichen Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 StVG eine Fahrverbot verhängt werden soll, muss es darüber hinaus auch eine Entscheidung über das Wirksamwerden des Fahrverbots, namentlich darüber treffen, ob dem Betroffenen die Schonfrist des § 25 Abs. 2a StVG zuteil wird oder ob es bei dem Regelfall nach § 25 Abs. 2 S. 1 StVG sein Bewenden haben muss (vgl. KG, Beschl. v. 28.3.2019 – 3 Ws (B) 64/19). Um dies prüfen zu können, bedarf es Feststellungen zu etwaigen Vorbelastungen des Betroffenen. Daran fehlt es im angefochtenen Beschluss, der Ausführungen dazu gänzlich vermissen lässt. Dass der angefochtene Beschluss ursprünglich nach Maßgabe von § 72 Abs. 6 S. 1 OWiG abgefasst worden ist, hat darauf keinen Einfluss, denn im Falle einer Rechtsbeschwerde sind die vollständigen (den dargelegten Anforderungen entsprechenden) Gründe gemäß § 72 Abs. 6 S. 3 OWiG binnen fünf Wochen zu den Akten zu bringen.

c) Eine – nach § 79 Abs. 6 OWiG grundsätzlich mögliche – eigene Sachentscheidung ist dem Senat im vorliegenden Fall verwehrt, weil die getroffenen Feststellungen eine Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen von § 25 Abs. 2a S. 1 StVG vorliegen, nicht ermöglichen. Eine eigene ergänzende Sachaufklärung ist dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt (Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 18. Aufl., § 72 Rn 47; Hadamitzky in KK-OWiG 5. Aufl., § 79 Rn 157 m.w.N.).

Anders läge der Fall nur, wenn und soweit sich das Amtsgericht in seiner Beschussbegründung auf den Akteninhalt bezogen hätte. Denn dann erstreckt sich der Umfang der (sachlichrechtlichen) Überprüfung auf den in Bezug genommenen Akteninhalt (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.11.20218 – 2 Ss OWi 1359/18; Seitz/Bauer in Göhler a.a.O., Rn 79; zu weitgehend OLG Hamm BeckRS 2016, 3117; NStZ-RR 2002, 219). So liegt der Fall hier aber nicht, da sich das Amtsgericht allein auf den Inhalt des Bußgeldbescheides bezogen hat. Dass im Bußgeldbescheid eine Fristenanordnung nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen worden ist, bietet dem Senat keine ausreichende Grundlage für eine eigene Sachentscheidung, weil die Tatsachen, auf die der Polizeipräsident seine diesbezügliche Entscheidung gestützt hat, aus dem Bußgeldbescheid nicht hervorgehen.

Der Senat verweist deshalb die Sache im Umfang ihrer Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

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