"… Das LG hat zu Recht einen Anspruch des Kl. auf Zahlung der Neupreisentschädigung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Fahrzeugvollversicherungsvertrag (…) bejaht. Unstreitig wurde der Pkw des Kl. bei dem Unfall am 10.3.2014 total beschädigt und dem Kl. steht wegen der Beschädigung innerhalb von 24 Monaten seit Erstzulassung der Neupreis abzüglich Restwert zu. Der Neupreis mit netto 111.710 EUR und der Restwert mit netto 26.050,42 EUR sind im Berufungsverfahren nicht mehr streitig, so dass sich ein Anspruch des Kl. auf 85.659,58 EUR abzüglich 500 EUR Selbstbeteiligung, mithin i.H.v. 85.159,58 EUR, errechnen würde; der im Ersturteil zugesprochene Betrag ist daher in jedem Fall begründet."

Die Bekl. kann sich nicht auf einen Risikoausschluss nach den AKB berufen, weil die Voraussetzungen eines solchen nicht bewiesen sind. Nach § 286 I 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Diese Überzeugung des Richters erfordert keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit (…) und auch keine “an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit', sondern nur einen intersubjektiv vermittelten (vgl. § 286 I 2 ZPO), für das praktische Leben brauchbaren Grad von (persönlicher) Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (grdl. BGHZ 53, 245 [256] …), was auch für innere Vorgänge gilt (BGH NJW-RR 2004, 247; …).

1. Zum Risikoausschluss, weil eine Rennveranstaltung vorgelegen habe:

a) Maßgebliches Merkmal eines Rennens ist die Erzielung einer “Höchstgeschwindigkeit' (BGH NJW 2003, 2018). Insoweit wird es etwa bei der Vorschrift des § 29 StVO als ausreichend erachtet, dass die Höchstgeschwindigkeit zumindest mitbestimmend ist. Um ein Rennen handelt es sich danach auch bei einem Wettbewerb, bei dem die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit bei Zurücklegung der Strecke zwischen Start und Ziel ermittelt wird (…). Der Risikoausschluss gilt nicht nur für Rennen im sportlichen Sinne, sondern für Rennen jeder Art, insb. Geschwindigkeits-, Touren-, Sternfahrten u.Ä., solange es um die Erzielung der höchsten Geschwindigkeit geht, mag diese auch nach den gegebenen Voraussetzungen in der absoluten Ziffer niedriger liegen können als bei Rennveranstaltungen im engeren Sinn. Für § 2 Nr. 3b AKB a.F. hat der BGH ausgesprochen, dass Fahrveranstaltungen, die auf besonders gesicherten oder abgesperrten Straßen stattfinden, ohne weiteres vom Anwendungsbereich der Ausschlussklausel erfasst werden, wenn für den Sieg im Wettbewerb die höchste Geschwindigkeit entscheidend ist (BGH VersR 1976, 381, 382). Allerdings ist dieses Merkmal nicht als erfüllt angesehen worden, wenn die Fahrveranstaltung auf einer öffentlichen Straße ausgetragen wurde, die Teilnehmer die Verkehrsvorschriften zu beachten hatten und die Veranstaltung lediglich auf die Erzielung einer hohen Durchschnittsgeschwindigkeit ausgerichtet war (BGH, a.a.O. …).

b) Weiter erfordert der Risikoausschluss vorliegend nach den zugrunde zu legenden AKB das Vorliegen einer “Veranstaltung'. Selbst wenn man den Sachvortrag der Bekl. zugrunde legt, wonach der Kl. versucht habe, schneller als der hinter ihm fahrende Streitverkündete zu sein, so handelt es sich doch nicht um eine solche “Fahrveranstaltung' i.S.v. A.2.17.3. der AKB. Die regelmäßig im Straßenverkehr stattfindenden Versuche von Verkehrsteilnehmern, an anderen Verkehrsteilnehmern vorbei zu fahren, diese zu überholen bzw. die Versuche der jeweils anderen Verkehrsteilnehmer, eben dies zu verhindern, sind selbst dann, wenn dies unter Missachtung oder Verletzung von Vorschriften der StVO geschieht, keine “Veranstaltung', sondern allenfalls ein privates “Kräftemessen' oder ein bloßes Ausleben von Egoismen (OLG Bamberg VersR 2010, 1029 …). Freilich kann ein solches “Kräftemessen', wenn es wie vorliegend unter Verletzung von Verkehrsvorschriften erfolgt, den Tatbestand einer Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) erfüllen. Der Versicherungsschutz ist dann nach A.2.17.1 der AKB ausgeschlossen. Bedingungsgemäß erfordert dies jedoch nicht nur eine Tatbestandsverwirklichung, sondern auch die Schuldform des Vorsatzes (…).

c) Für eine “Veranstaltung' fehlt vorliegend jeglicher Anhaltspunkt und ein Rennen setzt zumindest eine wenn auch stillschweigende Übereinkunft der Beteiligten voraus.

(1) Letzteres scheitert schon nach dem unstreitigen Tatbestand des Ersturteils, an den der Senat gebunden ist. Danach bestand der Grund für die Geschwindigkeitsüberschreitung des Kl. (darin), sich von einem dahinter fahrenden R 8 abzusetzen, welcher den Kl. nach dessen Vorbringen bedrängte. Der Tatbestand des Ersturteils bestimmt den für das BG nach § 529 I Nr. 1 ZPO maßgeblichen Sachverhalt (…). Wenn die Bekl. die erstgerichtliche Feststellung zum Grund der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht hätte hinnehmen wollen, hätte sie ...

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