Der im Rahmen der Pflichtwidrigkeit zu beurteilende Interessengegensatz beim Parteiverrat nach § 356 StGB bestimmt sich aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, die durch die subjektive Sicht des Mandanten ergänzend determiniert wird. Liegt daher das auf nachvollziehbaren Gründen beruhende Einverständnis des Mandanten unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der hypothetischen Konkordanz mit der Übersendung des auch für ihn nachteilige Umstände enthaltenen Aktenauszugs an die Versicherung vor, so stellt dies keinen Parteiverrat nach § 356 StGB dar.

Der anwaltliche Leser wird diesem Lösungsansatz sicherlich zustimmen, vollends beruhigen können ihn diese Ausführungen aber sicher nicht, zu uneinheitlich sind die Auffassungen zu dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur. In jedem Fall sollte er das Einverständnis des Mandanten beweiskräftig schriftlich fixieren und auf die Überzeugungskraft der vorbezeichneten Argumente setzen. Wenn ihm dies dennoch zu unsicher ist, muss die gegnerische Versicherung für die Beschaffung des Aktenauszugs an einen anderen Anwaltskollegen verwiesen werden.

Autor: RA Dr. jur. Uwe Schulz , FA für Strafrecht, Bad Homburg

zfs 11/2016, S. 604 - 607

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge