" … Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Erstattung der vermehrten Bedürfnisse i.S.v. § 843 Abs. 1 BGB aus der klagegegenständlichen Zeit von 2010 bis einschließlich 2014, derentwegen er gegenüber dem Schädiger X wegen dessen Vermögenslosigkeit ausgefallen ist, nach Maßgabe von Ziff. 5) der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht-Versicherung der Bekl. i.H.v. restlichen 2.785 EUR."

Die Bekl. hat in zulässiger Weise auf die Voraussetzungen nach Ziff. 5.3.1 der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht-Versicherung der Bekl. auf den erforderlichen rechtskräftigen vollstreckbaren Titel und nach Ziff. 5.3.2 der Zusätzlichen Bestimmungen zum Deckungsumfang Top der BBR zur Privathaftpflicht-Versicherung der Bekl. auf eine fehlgeschlagene bzw. sich als aussichtslos darstellende Zwangsvollstreckung mit Anspruchsvoraussetzungen verzichtet, so dass der Kl. nunmehr die ihm aufgrund des Schadenereignisses zustehenden Ansprüche direkt gegen die Bekl. geltend machen kann (vgl. dazu auch BGH VersR 2016, 41).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen S fest, dass die nach dem Vorfall vom 20.4.2009 eingetretene Schulterverletzung auf diesen Vorfall zurückzuführen ist. (wird ausgeführt)

Da der Überkopfbereich mit der dominierenden Schulter bei der beschriebenen Bewegungseinschränkung nicht mehr erreicht werden könne, seien Überkopfarbeiten wie Decke streichen und Tapezieren mit der rechten Hand nicht mehr durchführbar. Arbeiten bis zur Schulterhöhe seien stundenweise möglich. Zierbaum- und Heckenschnitt seien größenabhängig bis zur Schulterhöhe ggf. mit Hilfsmitteln, wie Stehleiter und Spezialscheren, saisonal für den Privatgebrauch möglich. Diese sollten von der Belastungsdauer schmerzadaptiert in mehreren kürzeren Intervallen und nicht als Langzeitbelastung der rechten Schulter durchgeführt werden. Gleiches gelte für Reinigungsarbeiten. Bei Überkopfarbeiten wie z.B. die Dachrinnenreinigung oder Reinigung der Deckenvertäfelungen seien dem Kl. nicht möglich.

Die verletzungsbedingte Vermehrung der Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 BGB tritt auch dann ein, wenn der Geschädigte nicht mehr oder nicht mehr im selben Umfang wie zuvor in der Lage ist, sich selbst zu versorgen und seinen Haushalt zu führen. Insoweit entsteht ein Haushaltsführungsschaden. So kann der Verletzte grds. die Kosten einer eingestellten Haushaltshilfe erstattet verlangen oder die fiktiven Kosten einer Ersatzkraft liquidieren, wenn er sich selbst behilft oder – wie der Kl. – Verwandte mit einspringen lasse (vgl. dazu auch MüKo/Wagner, 6. Aufl., § 843 BGB Rn 67). Dabei ist der tatsächlich angefallene unfallbedingte Mehraufwand konkret zu beziffern und für konkrete Zeiträume geltend zu machen, weil grds. die vermehrten Bedürfnisse einem Geltendmachen im Wege eines Vorschusses nicht zugänglich sind.

Da Schadensfolgen im Streit sind, wird der Anwendungsbereich des § 287 Abs. 1 ZPO eröffnet, so dass hier durch das Gericht eine Schätzung möglich ist. Es bedarf dann nur einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Burmann, 23. Aufl. 2014, Rn 151). Die Tatsachen, die vermehrte Bedürfnisse nach § 843 BGB begründen können, sind zudem ohne Weiteres einer Schätzungsvernehmung nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO zugänglich. … Im Rahmen der Schätzungsvernehmung hat der Kl. seine Angaben in der Aufstellung v. 11.8.2015 vollumfänglich und plausibel erläuternd bestätigt, so dass diese Aufstellung bedenkenlos für die vermehrten Bedürfnisse und die vorgenannte fiktive Berechnung des Schadens unter Einschalten von Verwandten bezogen auf den Umfang der Tätigkeiten, die der Kl. unfallbedingt nicht hat ausführen und die ihm seine Verwandten abgenommen haben, zugrunde legen kann, darf und muss: für … sind also pro Jahr … Stunden zugrunde zu legen (wird ausgeführt). Danach ergeben sich 435 Stunden an notwendigen Überkopfarbeiten in den Jahren 2010 bis 2014, die der Kl. unfallbedingt nicht mehr hat ausführen können.

Dem Kl. steht – wie bereits ausgeführt – ein abstrakter Geldersatz zu, bei dessen Höhe nach allgemeiner Ansicht von dem abstrakten Nettolohn auszugehen ist. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb auch die neuere Rspr. z.T. noch von einem Stundensatz von 8 EUR bis 9 EUR ausgeht (vgl. dazu die Anmerkung von Wenker zum Urteil des LG Tübingen v. 27.10.2015 – 5 O 155/14, jurisPR-VerkR 3/2016 zu Nr. 3 lit. C). Denn solche Tätigkeiten, die sich vorliegend auch noch als komplexe Teiltätigkeiten darstellen, sind anständiger- und gerechterweise für die Jahre 2010 bis einschließlich 2014 durchschnittlich mit 11 EUR stündlich (heute liegt der Nettolohn für eine sog. haushaltsnahe Tätigkeit bei 12 EUR stündlich) zu vergüten, so dass sich für die ermittelten 435 Stunden ein Schadensersatzbetrag von 4.785 EUR ergibt. Davon sind die vorprozessual gezahlten 2.000 EUR...

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