“ … Die vom BG zugelassene und auch sonst zulässige Berufung der Kl. hat Erfolg. Auf ihre rechtzeitig erhobene Klage sind der Kostenfestsetzungsbescheid der Polizei v. 12.7.2004 sowie der Widerspruchsbescheid v. 29.6.2006 aufzuheben, da sie rechtswidrig sind und die Kl. in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Bekl. kann von der Kl. die Kosten des abgebrochenen Abschleppvorgangs nicht gem. § 7 Abs. 3 SOG verlangen, weil die Abschleppanordnung, die der Polizeibedienstete O. getroffen hat, nicht rechtmäßig war. Zwar hatte die Kl. verkehrsordnungswidrig geparkt und hiermit wohl eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bewirkt. Doch war die Abschleppanordnung zur Beseitigung der Störung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles nicht erforderlich.

1. Die Kl. parkte am Morgen des 7.11.2003 im X-Weg teilweise auf dem Gehweg, der dort nur eine Breite von 1,50 m hat (drei Gehwegplatten à 50 cm Kantenlänge; vgl. die Bilder der Örtlichkeit bei Google maps, street view). Dieses Verhalten war verkehrsordnungswidrig, da das Gehwegparken dort nicht erlaubt war (§§ 12 Abs. 4 und Abs. 4a, 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO in der damals geltenden Fassung).

Hierdurch dürfte es jedenfalls auch zur Möglichkeit einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen sein. Die Kl. hat in der Klageschrift selbst angegeben, ihr Fahrzeug "teilweise auf dem Gehweg abgestellt" zu haben; in der mündlichen Verhandlung beim VG sprach sie davon, das Fahrzeug habe "nur mit den beiden rechten Reifen auf dem Gehweg gestanden". Angesichts der geringen Breite des Gehwegs kann dies den Verkehrsverstoß aber nicht als unbedeutend erscheinen lassen. Selbst wenn es möglich gewesen sein sollte, unter Benutzung des zwischen der gepflasterten Zufahrt zum Kita-Spielplatz und der Straßeneinmündung befindlichen Grünbereichs rechts des Gehwegs (in Blickrichtung Y-Straße) am Fahrzeug der Kl. vorbei zu gelangen – einen Radweg gibt es dort entgegen der Darstellung im Kostenfestsetzungsbescheid nicht –, müssen sich z.B. Rollstuhlfahrer und auch Fußgänger mit Kinderwagen ein (nur vielleicht mögliches) Ausweichen über eine zum Betreten/Befahren nicht vorgesehene Grünfläche nicht zumuten lassen. Die Ausführungen der Kl. über die Schwierigkeiten, die sie als Mutter mit Kindern (gehabt) habe, können ihren Verkehrsverstoß und die damit verbundene Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer (darunter wohl ebenfalls Mütter mit Kindern) nicht relativieren.

2. Die heute kaum noch mögliche exakte Klärung der damaligen Parkposition ist indes entbehrlich, da auch dann, wenn der Pkw der Kl. andere Verkehrsteilnehmer tatsächlich behinderte, die Anordnung, den Pkw abschleppen zu lassen, rechtswidrig war. Gem. § 7 Abs. 1 SOG darf eine Maßnahme im Wege der unmittelbaren Ausführung nur getroffen werden, wenn auf andere Weise eine Gefahr nicht abgewehrt bzw. eine Störung nicht beseitigt werden kann. Diese Voraussetzungen waren hier jedoch nicht gegeben.

a) Zwar hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Kl. vom Polizeibediensteten O unmissverständlich aufgefordert worden war, ihr teilweise auf dem Gehweg geparktes Fahrzeug umgehend wegzufahren. Sie trug in der Klagebegründung selbst vor, dass sie von dem Polizisten aufgefordert worden sei, ihr Fahrzeug zu entfernen. Selbst wenn Herr O nur gesagt haben sollte, hier könne sie nicht stehen bleiben, ist dies nicht anders denn als konkrete Aufforderung zu verstehen, ihr Auto an einen zulässigen Platz zu fahren. Mit ihrer Weigerung, dieser Aufforderung umgehend nachzukommen, hat sich die Kl. auch in erstaunlich hartnäckiger Weise über Vorschriften und Gebote hinweggesetzt.

Auf dieses Verhalten durfte aber seitens des Polizeibediensteten hier nicht mit einer Abschleppanordnung reagiert werden. Denn nach den konkreten Umständen war mit einer Rückkehr der Kl. aus dem Kindergarten St. innerhalb kurzer Zeit zu rechnen.

Dem Polizeibediensteten O, der auch die Abschleppanordnung traf, war, wie er beim VG selbst angab, bewusst, dass die Kl. ihren Sohn im Kindergarten St. abgeben wollte. Dass dies seinem Kollegen W möglicherweise nicht klar war, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da nur Herr O das Gespräch mit der Kl. führte und auch die Abschleppanordnung traf. Da die beiden Polizeibediensteten wegen vorangegangener Beschwerden von Anwohnern und "Kindergarteneltern" über Falschparker im Einmündungsbereich des X-Wegs in die Y-Straße vor Ort waren und Herr O ferner die Kl. auf die Haltemöglichkeit vor dem Eingang der um die Ecke liegenden Kita St. hinwies, war ihm auch klar, dass die Kl. ihren Sohn in diesen Kindergarten und nicht, wie die Bekl. im Berufungsverfahren meinte, in die deutlich weiter entfernte ASB-Kita Y-Straße brachte. Gerade wenn die Kl., wie die Polizeibediensteten in ihrer Zeugenvernehmung beim VG bekundeten, dem oder den Polizisten gesagt hat, sie könne nicht vor dem Kindergarten parken, da sie dazu keine Zeit habe, sie müsse anschließend in die andere Richtung weiterfahren, sprach auch dies für eine Rück...

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