“Der Auffassung des LG kann nicht gefolgt werden. Der in JurBüro 1990, 211 – 212 abgedruckten, scheinbar einschlägigen Senatsentscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der zunächst fehlende Antrag mit der Erinnerung nachgeholt worden war. Die Rechtsfrage nach der Statthaftigkeit eines "Austauschs" von Kostenpositionen trotz fehlenden Antrags stellte sich daher nicht, so dass in den damaligen Ausführungen nur ein nicht tragendes "obiter dictum" zu sehen ist.

Der vorliegende Fall liegt anders (vgl. zum Problem auch Senat in JurBüro 1992, 610 – 611). Der Kl. hat nämlich die Festsetzung einer Terminsgebühr nicht beantragt.

Der Zivilprozess und damit auch das Kostenfestsetzungsverfahren sind vom Antragsgrundsatz beherrscht (§§ 104 Abs. 1 S. 1, 308 Abs. 1 S. 1 ZPO). Verfahrensgebühr und Terminsgebühr knüpfen an unterschiedliche tatsächliche Umstände an, so dass nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff, von dem auch bei der Kostenfestsetzung auszugehen ist, keine Identität der Streitgegenstände besteht.

Dem Rechtspfleger ist allerdings zuzugeben, dass eine in Rspr. und Literatur verbreitete Ansicht einen Austausch angemeldeter, indes nicht zu erstattender Kosten gegen angefallene, aber nicht zur Erstattung angemeldete Kosten im Verfahren nach § 104 ZPO zulässt (vgl. die Nw. bei v. Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn B 72, B 200 und D 117). Zur Begründung heißt es etwa bei Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 104 ZPO Rn 23, eine seit langem bestehende "und aus Billigkeitsgründen berechtigte Praxis" beziehe den Antragsgrundsatz nur auf den Gesamtbetrag der verlangten Kosten und gestatte innerhalb dieser Grenze den Austausch eines nicht berechtigten Ansatzes gegen einen berechtigten, aber nicht geforderten.

Das ist nach Auffassung des Senats nicht richtig. Der Antragsgrundsatz hat im Kostenfestsetzungsverfahren dieselbe Bedeutung wie im allgemeinen Erkenntnisverfahren.

Wird dort bspw. wegen einer Körperverletzung statt des berechtigten Schmerzensgeldes von lediglich 500 EUR ein solches von 1.000 EUR beantragt und beiläufig noch ein Verdienstausfallschaden von 2.000 EUR aus demselben Sachverhalt dargelegt, indes nicht eingeklagt, zieht niemand in Betracht, der Klage in vollem Umfang stattzugeben mit der Begründung, der Schädiger schulde zwar nur 500 EUR Schmerzensgeld, die insoweit zum Klageantrag fehlenden 500 EUR seien jedoch aus dem dargelegten, indes nicht eingeklagten Verdienstausfallschaden von 2.000 EUR "aufzustocken".

Weshalb im Kostenfestsetzungsverfahren etwas anderes gelten soll, lässt sich nicht überzeugend begründen. Im Übrigen ist auch nicht auszuschließen, dass der Kl. die Anmeldung der Terminsgebühr nicht übersehen, sondern insoweit bewusst keinen Antrag gestellt hat, etwa aufgrund einer entsprechenden, nicht aktenkundigen Absprache mit dem Bekl. Gegebenenfalls wird der Kl. durch den Austausch der hälftigen Verfahrensgebühr gegen einen Teil der Terminsgebühr mit einem Anspruch beglückt, dessen er sich nicht berühmt und den er erst recht nicht tituliert haben möchte.

Es trifft auch nicht zu, dass der den Streitgegenstand sprengende Austausch von Kosten "aus Billigkeitsgründen" rechtens ist. Das verdeutlicht folgende Überlegung:

Der vom Rechtspfleger vorgenommene Austausch gewährt dem Kl. eine Verzinsung der Terminsgebühr ab Einreichung des Kostenfestsetzungsantrages vom 4.7.2011, obwohl dieser nur die Verfahrensgebühr zum Gegenstand hat. Das steht nicht in Einklang mit § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO, der bestimmt, dass die "festgesetzten Kosten" auf Antrag ab Eingang des Festsetzungsantrages zu verzinsen sind. Da es sich bei den "festgesetzten Kosten" ursprünglich nur um die Verfahrensgebühr handelte, gewährt die Nichtabhilfeentscheidung rückwirkend Zinsen auf die Terminsgebühr, obwohl es insoweit an einem "Eingang des Festsetzungsantrages" fehlt.

Da der vom Rechtspfleger vorgenommene Austausch der Kostenpositionen nach alledem ohne entsprechenden Antrag nicht statthaft ist, gibt die bloße Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung dem Kl. Gelegenheit, einen Festsetzungsantrag auch hinsichtlich der Terminsgebühr zu stellen oder zu erklären, dass er insoweit bewusst von einem Erstattungsantrag abgesehen hat. Sollte der fehlende Antrag nachgeholt werden, kann dies dazu führen, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss in der Hauptsache nicht nur aufrecht erhalten, sondern durch Nachfestsetzung ergänzt werden muss. Jedenfalls bedarf der Zinsausspruch der Korrektur. Die Verfahrensgebühr ist nur in reduziertem Umfang ab Eingang des ursprünglichen Antrags zu verzinsen. Zinsen auf eine Terminsgebühr stehen dem Kl. erst ab Eingang eines entsprechenden Antrags zu.

Die somit gebotene Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses überträgt der Senat dem Rechtspfleger (§ 572 Abs. 3 ZPO)“.

Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz

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