Das LG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Das Berufungsvorbringen der Kl. rechtfertigt keine andere Beurteilung.

So folgt der Senat der Einschätzung des LG, wonach eine schuldhafte vertragliche Pflichtverletzung der Bekl. nicht vorliegt. Daher hat die Kl. keinen Anspruch gegen die Bekl. auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen einer behaupteten verzögerten Durchführung eines Krankentransports gem. §§ 280, 286 BGB (1.). Auch hat die Kl. gegen die Bekl. keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach § 280 BGB i.V.m. dem Versicherungsvertrag (2.).

1. Die Voraussetzungen für einen Anspruch der Kl. gegen die Beklagte auf Schadensersatz gemäß § 280 i.V.m. § 286 BGB wegen einer Verzögerung des Krankenrücktransportes von R. nach H. sind nicht gegeben. Insbesondere befand sich die Bekl. mit der Erbringung der Versicherungsleistungen nicht in Verzug.

Ein Schuldnerverzug kann nicht vor Fälligkeit der versprochenen Leistung eintreten (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wann Fälligkeit eintritt, hängt vom Inhalt der geschuldeten Leistung ab. Hat der VR keine Geldzahlung zu erbringen, so bestimmt sich die Fälligkeit der Versicherungsleistung nicht nach § 14 VVG, sondern – sofern keine vorrangige Regelung existiert – nach § 271 BGB (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, 31. Aufl. 2021, VVG § 14 Rn 1 …), d.h. die Versicherung hat die geschuldeten Leistungen sofort bei Eintritt des Versicherungsfalls zu bewirken. Wann wiederum der Versicherungsfall eintritt und welche Versicherungsleistungen dann konkret geschuldet sind, ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag, in der Regel – wie auch hier – aus den allgemeinen Versicherungsbedingungen.

Nach st. Rspr. des BGH sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss …

Der Versicherungsfall ist nach Ziffer 4.1 der Versicherungsbedingungen das Ereignis, das einen unter die Versicherung fallenden Schaden verursacht. Aus den ausdrücklich vorrangigen speziellen Versicherungsbedingungen, hier Teil 2, Ziffer 2.1.1.1 der Versicherungsbedingungen ergibt sich, dass Versicherungsleistungen zu erbringen sind bei Eintritt eines medizinischen Notfalls, d.h. einer erlittenen körperlichen Verletzung oder einer plötzlich und unvorhergesehenen Erkrankung der versicherten Person während der Auslandsreise, die eine sofortige stationäre oder ambulante Behandlung durch einen anerkannten Arzt erforderlich macht und die nicht bis zu ihrer Rückreise in ihr Heimatland aufgeschoben werden kann. (vgl. Köther, in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 5. Auflage 2015, Teil G. Auslandsreise-Krankenversicherung, Rn 6 m.w.N.).

Unstreitig lag ein medizinischer Notfall bei der Kl. vor. Sie war bereits vor der ersten Kontaktaufnahme mit der Bekl. mit massiven Beschwerden im Bereich des Abdomens in das Krankenhaus in R. gebracht worden.

Geschuldet war nach den von der Kl. eingereichten Unterlagen … in diesem Fall u.a. "24 h medizinische Notrufhotline", "weltweit professionelles Notfallmanagement" und "Auslandsreisekrankenversicherung weltweit".

Dass die Notrufhotline nicht erreichbar gewesen wäre, behauptet die Kl. nicht. Die weiteren in dem Schreiben erwähnten Leistungen, "weltweit professionelles Notfallmanagement" und Auslandskrankenversicherung sind unter Berücksichtigung der allgemeinen (und speziellen) Versicherungsbedingungen der Bekl. zu bestimmen.

Gemäß Teil 2, Ziff. 2.1.2.3.1 hatte die Bekl. die unter der Ziff. 2.1.2.3.2 genannten Krankentransporte zu organisieren. Das waren (gem. der genannten Ziff.) "medizinisch sinnvolle Transporte der versicherten Person mit einem medizinisch geeigneten Transportmittel … Versichert sind Transporte zum für die Behandlungen geeigneten nächsterreichbaren Arzt, Krankenhaus, Speziaiklinik, Behandlungszentrum … und zurück; …"

Betreffend die Organisation des Krankentransportes folgt schon aus diesen Regelungen ("medizinisch sinnvolle Transporte"), aber auch aus der Natur der Sache, dass die versicherte Person jedenfalls transportfähig sein muss. Solange es daran fehlt, ist eine Verlegung bereits nicht medizinisch sinnvoll bzw. vertretbar.

Dass die Kl. zum Zeitpunkt des Anrufs des Zeugen Dr. Z unter objektiven medizinischen Gesichtspunkten transportfähig war und von einem Krankenhaus in ein anderes verlegt werden konnte, war unsicher und für die Bekl. aus der Entfernung nicht ohne weiteres aus objektiven Umständen zu erkennen. Nur dann wäre – ebenso wie bei einer Anordnung der Verlegung durch den behandelnden Arzt – diese konkrete Versicherungsleistung (Organisation des Krankentransports) ebenfalls fällig gewesen.

Allein auf die subjektive Einschätzung des ihr unbekannten Zeugen Dr. Z, der zudem offensichtlich auch die Weiterfahrt der restlichen Reisegruppe im Blick hatte, durfte die Bekl. sich nicht verlassen. Sie hatte zunächst die Transportfähigkeit der Kl. a...

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