Nach der Legaldefinition des § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist ein rechtliches Interesse anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung ist das erforderliche rechtliche Interesse grundsätzlich weit zu verstehen.[17] Nur so kann dem auf Prozessvermeidung gerichteten Zweck des Gesetzes Rechnung getragen werden. Antragsgegner haben nun in der praktischen Durchführung bei einem beantragten Beweisverfahren häufig eingewandt, dass das rechtliche Interesse fehle, weil keinesfalls eine außergerichtliche Regulierung zu erreichen sei, weil trotz der Sachverständigenfeststellungen keinerlei Zahlung erfolgen werde bzw. man das Ergebnis der Sachverständigenbegutachtung keinesfalls gegen sich gelten lassen werde.[18] Der Einwand, keinerlei Regulierung durchzuführen bzw. das gefundene Beweisergebnis nicht akzeptieren zu wollen, verfängt schon deshalb nicht, weil bei dieser Argumentation verkannt wird, dass das Ergebnis der Sachverständigenfeststellungen dazu führen kann, dass jedenfalls der Anspruchsteller seinen vermeintlichen Anspruch nicht weiterverfolgt.[19] Im Übrigen zeigt die Praxis des Verfassers, dass nach sachverständig getroffenen Feststellungen der Versicherer im Folgenden einen Prozess vermeiden möchte, auch wenn er anderes zunächst kundgetan hat. Da das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens im folgenden Prozess Verwendung finden wird, ist es nachvollziehbar, dass in solchen Fällen ein anschließender Prozess tatsächlich nicht mehr stattfindet. Danach ist festzuhalten, dass eine fehlende Gütebereitschaft das rechtliche Interesse nicht beseitigen kann.[20] Das rechtliche Interesse wird allein dann zu verneinen sein, wenn offenkundig ist, dass der Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann.[21]

[17] Leipold in Stein/Jonas 22. Auflage, Rn 30; Weyer, a.a.O. Baurecht 1992, 313, 318; Engelbrecht, Das selbstständige Beweisverfahren bei Werkstattmängeln, DAR 2008, 444; BGH, Urt. v. 16.9.2004 – III ZB 33/04, NJW 2004, 3488; BGH, Beschl. v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08, VersR 2010, 133–135.
[18] Vgl. das Verhalten des beklagten Versicherers im Fall des OLG Celle, 8 W 27/11, VersR 2011, 1418 ff. sowie im Fall des LG München vom 10.12.1993 – 13 T 23000/93, zfs 1994, 217.
[19] So ebenfalls die Argumentation des OLG Celle in dem Beschl. v. 10.5.2011, a.a.O.
[20] Vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 6.6.1994 – 5 W 57/94, MDR 1995, 746; OLG Köln vom 9.12.2021 – I-MW 37/21, MDR 2022, 561 f.
[21] Vgl. Hergert in Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Auflage, Rn 7a zu § 485 ZPO m.w.N.

1. Zustand einer Person, Zustand oder Wert einer Sache

Mit dem Antrag auf schriftliche Begutachtung nach § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kann der Antragsteller erreichen, dass der Zustand von Person oder Sache beweiskräftig festgestellt wird, um damit die Grundlage für Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüche zu legen. So kann der medizinische Sachverständige als Grundlage für außergerichtliche Vergleichsverhandlungen oder aber zur Vorbereitung einer späteren Schadenersatzklage den Zustand einer Person, das heißt die aktuell feststellbaren Verletzungen bzw. gesundheitlichen Einschränkungen dokumentieren und insbesondere auf Tatsachen gestützte Feststellungen treffen, von welcher unfallbedingten MdE auszugehen ist oder ob gar eine Pflegebedürftigkeit anzunehmen ist. Der Kfz-Sachverständige kann zu den Tatsachen befragt werden, ob ein Kraftfahrzeug die im Einzelnen näher zu bezeichnenden Schäden aufweist und ob diese in ihrer Gesamtheit auf ein näher zu beschreibendes durch den Antragsgegner verursachtes Unfallereignis zurückzuführen sind und nicht durch ein früheres Unfallereignis oder sonstige Fremdschäden herbeigeführt wurden.

Zur Vorbereitung von Gewährleistungsansprüchen kann der Pkw-Eigentümer konkrete Mängel an seinem Fahrzeug beschreiben, wie z.B. einen überhöhten Spritverbrauch, ein mangelhaftes Bremsverhalten oder ein "nicht Anspringen" bzw. die Frage stellen, ob die Leistung den Regeln der Technik entspricht.[22]

[22] Vgl. zu Letzterem, OLG München, Beschl. v. 6.5.1993 – 27 W 101/92, BauR 1994, 275.

2. Die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels

Wenn konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen angegeben werden, kann durch Sachverständigenbeweis die Feststellung getroffen werden, ob die aktuell geklagten Beschwerden unfallbedingt auf ein näher zu bezeichnendes Unfallgeschehen zurückzuführen sind oder auf Vorerkrankungen bzw. unfallfremden Ereignissen beruhen. Wenn die eintrittspflichtige Versicherung einwendet, dass nicht alle in einem privaten Sachverständigengutachten aufgeführten Schäden unfallbedingt sind, so kann der Antragsteller insoweit die Ursache des streitigen Sachschadens ebenso durch gerichtlichen Sachverständigen feststellen lassen, als wenn es um die Frage geht, ob der gerügte Sachmangel an einem Fahrzeug dem Stand der Technik entspricht oder nicht.

3. Der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachsachschadens oder Sachmangels

Hier geht es um die beweiskräftige Feststellung, welche Höhe, das heißt welcher Betrag für die Beseitigung eines Sachschadens erforderlich ist. Der Aufwand für die Beseitigung des Sachschadens umfa...

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