"… [11] 2. Im Umfang ihrer Zulassung ist die Revision des Bekl. unbegründet. Die Annahme des BG, die Kl. könnten ihr Kostenerstattungsbegehren im Streitfall im Wege der Leistungsklage und gestützt auf ihren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verfolgen, ist frei von Rechtsfehlern."

[12] a) Die Kl. hatten keine Möglichkeit, im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine (prozessuale) Kostenentscheidung zu ihren Gunsten zu erlangen.

[13] Im selbstständigen Beweisverfahren ergeht grds. keine Kostenentscheidung (BGH NJW-RR 2004, 1005). Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten des sich anschließenden Hauptsacheverfahrens, über die in der Regel in diesem Verfahren entschieden wird (vgl. BGH NJW 2014, 1018; BGH NJW 2009, 3240; BGH RVGreport 2007, 440 [LS] = AGS 2007, 586 = NJW 2007, 3357), so dass sie dort im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind (BGH AGS 2011, 359 = NJW-RR 2010, 674). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbstständigen Beweisverfahren von der Prozessordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den ASt. (§ 494a Abs. 2 ZPO). Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, weil der ASt. nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptsacheverfahrens absieht, soll der AG durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt (BGH NJW 2009, 3240).

[14] Darüber hinaus kann eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren ausnahmsweise ergehen, wenn der ASt. seinen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurücknimmt. In diesem Fall hat der ASt. in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grds. die Kosten zu tragen (vgl. Senat RVGreport 2015, 437 [Hansens] = AGS 2015, 342; BGH RVGreport 2011, 120 [Hansens] = AGS 2011, 144; BGH AGS 2005, 514 = NJW-RR 2005, 1015). Entsprechendes kann gelten, wenn der ASt. den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt (BGH zfs 2017, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2017, 198 [Hansens] = AGS 2017, 298).

[15] Dagegen besteht im selbstständigen Beweisverfahren für eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a ZPO kein Raum. Dies gilt nach der Rspr. des BGH unabhängig davon, ob die Erledigung einseitig durch den ASt. (BGH RVGreport 2007, 360 [LS] = NJW 2007, 3721) oder übereinstimmend von ASt. und AG erklärt wird (BGH AGS 2012,85 = NJW-RR 2011, 931).

[16] b) Nimmt der AG – wie hier – nach Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des ASt. entfallen lässt, den AG hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, steht dem ASt. stattdessen grds. die Möglichkeit offen, das Hauptsacheverfahren mit der Klage auf Feststellung zu führen, dass der AG zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war (BGH AGS 2004, 400 = NJW-RR 2004, 1580, 1581). Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens umfasst (BGH NJW 2013, 3586, 3587; BGH NJW-RR 2004, 1005 f.; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 494a Rn 5).

[17] c) Die Möglichkeit eines solchen Vorgehens schließt die unmittelbare Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Leistungsklage indes nicht aus.

[18] Zwar kann die Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eingeschränkt sein, soweit die geltend gemachten Kosten mit denjenigen Kosten identisch sind, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können oder geltend gemacht worden sind. Diese Einschränkung dient dazu, Unterschiede zwischen einer auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden, und räumt insoweit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Grundsatz den Vorrang ein, sofern der Prozess geführt wird oder geführt worden ist (BGH AGS 2011, 359; vgl. auch BGH zfs 2012, 282 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 227 [Hansens] = AGS 2012, 252).

[19] So liegt es im Streitfall indes gerade nicht, weil es eine prozessuale Kostenentscheidung gar nicht gibt, der ASt. seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch vielmehr geltend macht, ohne dass ein Hauptsacheprozess i.S.d. § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – geführt wurde oder geführt wird oder auch nur ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO gestellt wurde. Jedenfalls solange dies nicht der Fall ist, können die Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens daher ohne Beschränkung im Wege der Leistungsklage und – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – gestützt auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werden (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2003, 534, 535; OLG Hamburg MDR 1998, 242, 243; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2015, Kap. 57 Rn 107; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 490 Rn 5; BeckOK/Kratz, ZPO, Stand 15.6.2017, § 494a Rn 21). Insofern kann nichts a...

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