Die Entscheidung des OLG Stuttgart entspricht der – soweit ersichtlich – einhelligen obergerichtlichen Rspr. (neben den v. OLG zitierten Entscheidungen auch noch OLG München AGS 1998, 175 für die Differenzprozessgebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO; OLG Köln AGS 2009, 610 = JurBüro 2010, 208).

I. Praktische Auswirkungen der Kostenregelung

Haben die Parteien in dem Vergleich hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits einerseits und der Kosten des Vergleichs andererseits unterschiedliche Regelungen getroffen, wie es hier in dem vor dem LG Heilbronn geschlossenen Vergleich der Fall war, muss für die Kostenfestsetzung oder Kostenausgleichung unterschieden werden, welche Kosten zu den Kosten des Rechtsstreits und welche zu den Kosten des Vergleichs gehören. Werden – wie es hier der Fall war – die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben, hat jede Partei ohne die Möglichkeit der Kostenerstattung an außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen:

die Einigungsgebühr in voller Höhe,
die Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG,
die Terminsdifferenzgebühr nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG,
die hierauf anteilig entfallende Umsatzsteuer.

Für die Gerichtskosten gilt Folgendes:

Von der 0,5 Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG KV hat bei Kostenaufhebung jede Partei die Hälfte zu tragen.

II. Anderweitige Kostenregelungen

Ein anderes Ergebnis kann nur durch eine hiervon abweichende Kostenregelung in dem Vergleich getroffen werden.

So können die Parteien die Kosten des Vergleichs in die allgemeine Regelung über die Prozesskosten einbeziehen und etwa folgende Regelung treffen: "Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich dieses Vergleichs übernimmt die Bekl."

In diesem Fall hätte die Bekl. hier die gesamten außergerichtlichen Kosten der Kl. zu erstatten (zur Berechnung der Anwaltskosten siehe unten III.).

Die Parteien können in dem Vergleich auch einzelne Kostenpositionen gesondert regeln, z.B.: "Die Kl. übernimmt vorab die Einigungsgebühr nebst anteiliger Umsatzsteuer. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits einschließlich dieses Vergleichs übernehmen die Kl. 1/3 und die Bekl. 2/3."

In diesem Falle hätte die Kl. Ihre eigene Einigungsgebühr selbst zu tragen und diejenige auf Seiten der Bekl. an diese zu erstatten. Die Verfahrensgebühr, die Verfahrensdifferenzgebühr, die Terminsgebühr, die Terminsdifferenzgebühr und die Postentgeltpauschale ggf. nebst Umsatzsteuer wären auf beiden Seiten im Verhältnis 1/3 (Kl.) zu 2/3 (Bekl.) auszugleichen.

III. Angefallene Anwaltskosten

1. Verfahrensgebühren

Für das Betreiben des Geschäfts (siehe Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG), für das Einreichen der Klageschrift (siehe Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG) und für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins (siehe ebenfalls Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG) ist dem Prozessbevollmächtigten der Kl. die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angefallen. Auch wenn diese Gebühr durch mehrere Tätigkeiten des Prozessbevollmächtigten ausgelöst worden ist, kann sie hinsichtlich der Klageforderung gem. § 15 Abs. 2 RVG nur einmal berechnet werden.

Da der Prozessbevollmächtigte der Kl. ferner vor Gericht Verhandlungen zur Einigung der Parteien über die in diesem Verfahren nicht rechtshängige Forderung mit einem Wert von 7.611,77 EUR geführt hat, ist ihm ferner nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG nach diesem Gegenstandswert die dort geregelte 0,8 Verfahrensgebühr entstanden.

Da hier für verschiedene Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden sind, sind die beiden Verfahrensgebühren nach § 15 Abs. 3 Hs. 1 RVG gesondert zu berech nen. Insgesamt steht dem Prozessbevollmächtigten jedoch nicht mehr zu als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile (hier: 18.913,01 EUR) nach dem höchsten Gebührensatz (hier: 1,3) berechnete Verfahrensgebühr.

2. Terminsgebühr

Dem Prozessbevollmächtigten der Kl. ist hinsichtlich der rechtshängigen Klageforderung für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins (siehe Vorbem. 3 Abs. 3 S.1 VV RVG) die 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen. Diese Terminsgebühr entsteht nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG auch, wenn der Rechtsanwalt in diesem Termin Verhandlungen zur Einigung über die in diesem Rechtsstreit nicht rechtshängigen Ansprüche geführt hat. Das war hier hinsichtlich der nicht rechtshängigen 7.611,77 EUR der Fall. Für die in Nr. 3104 VV RVG nach einem Gebührensatz von 1,2 angefallene Terminsgebühr gibt es hier zwar zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Gleichwohl fällt diese Terminsgebühr nur einmal nach dem Gesamtstreitwert von 18.913,01 EUR an.

3. Einigungsgebühren

Für die Mitwirkung beim Abschluss des gerichtlichen Vergleichs hinsichtlich der rechtshängigen Klageforderung i.H.v. 11.301,24 EUR ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach Nr. 1000, 1003 VV RVG eine 1,0 Einigungsgebühr angefallen. Die Mitwirkung beim Abschluss des Vergleichs über die nicht rechtshängige weitere Forderung i.H.v. 7.611,77 EUR hat nach Nr. 1000 VV RVG eine 1,5 Einigungsgebühr ausgelöst. Auch hier ist wieder ein Gebührenabgleich nach § 15 Abs. 3 R...

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