" … Die Klage ist zudem begründet. Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Deckungsschutz aus dem § 125 VVG i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag, ausgestaltet durch die zugehörigen ARB. Hiernach ist der VR bei einer Rechtschutzversicherung verpflichtet, die für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des VN erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen."

Der streitgegenständliche Sachverhalt in Form der Geltendmachung von Rückabwicklungs-, Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich des Erwerbs eines Fahrzeugs ist grds. i.R.d. zugrundeliegenden Rechtsschutzversicherungsvertrags versichert.

Die Bekl. kann ihre Leistungspflicht nicht deshalb verneinen, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Kl. keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig ist (§ 128 S. 1 VVG i.V.m. § 18 ARB 2010).

Das Rechtsschutzbedürfnis des Kl. gilt nach § 128 S. 3 VVG als anerkannt, weil kein zutreffender Hinweis nach § 128 S. 2 VVG erfolgte. Nach § 128 S. 3 VVG gilt das Rechtsschutzbedürfnis des VN als anerkannt, wenn der Versicherungsvertrag kein Verfahren i.S.d. § 128 VVG vorsieht oder der VR einen Hinweis nach § 128 S. 2 VVG unterlässt. Gleiches muss gelten, wenn zwar ein Hinweis erfolgt, dieser aber fehlerhaft ist (OLG Dresden VersR 2013, 450).

Die Bekl. hat dem Kl. im Schreiben v. 14.12.2015 zwar einen Hinweis i.S.d. § 128 S. 2 VVG erteilt, dieser war jedoch fehlerhaft.

Zum einen sieht der Hinweis der Bekl. entgegen § 128 S. 2 VVG eine Monatsfrist vor. Das VVG sieht an dieser Stelle keine zeitliche Beschränkung für das Überprüfungsverfahren vor (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn 6). Nach § 129 VVG kann von § 128 VVG nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden. In der von der Bekl. im Ablehnungsschreiben gesetzten Monatsfrist liegt ein nicht unerheblicher Nachteil für die Kl. Ob sich die Bekl. letztlich auf die Einhaltung der Monatsfrist beruft, ist für die Beurteilung des Hinweises unerheblich. Insofern ist zu beachten, dass es für den VN nicht vorherzusehen ist, ob sich der VR auf die Frist berufen wird oder nicht.

Zum anderen bezieht sich der Hinweis ausdrücklich nur auf die Ablehnung aufgrund fehlender Erfolgsaussichten. Ein Hinweis wegen Ablehnung der Versicherungsleistung aufgrund von Mutwilligkeit fehlt, obwohl sich die Bekl. zumindest konkludent auf Mutwilligkeit beruft. So beruft sich die Bekl. auf die Verursachung unnötiger Kosten vor dem Hintergrund der Kostenminderungsobliegenheit des VN nach § 17 Abs. 5c) cc) ARB bzw. § 82 VVG. Die Verursachung unnötiger Kosten stellt im Ergebnis aber einen Fall der Mutwilligkeit dar. Denn Mutwilligkeit wird angenommen, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem angestrebten rechtlichen Erfolg und dem entstehenden Kostenaufwand besteht (vgl. Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn 3; ähnl. Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, § 1 ARB 2010 Rn 14). Fragen der Kostenintensität und Zweckmäßigkeit der Rechtsverfolgung stellen Teilaspekte der Mutwilligkeit dar. … Der Kl. konnte diesen Hinweis der Bekl. in dem Ablehnungsschreiben nur so verstehen, dass die Bekl. die Auffassung vertritt, die durch das angestrebte Vorgehen verursachten Kosten würden außer Verhältnis zu dem realistischen Erfolg stehen, zumal die Betroffenheit des klägerischen Pkw vom sog. VW-Abgasskandal nach ihrer Einschätzung keinen erheblichen Mangel darstelle.

Die Hinweispflicht gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt des VN die Möglichkeit eines solchen Verfahrens kennt (BGH NJW 2014, 1813; BGH zfs 2016, 38; Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 5. Aufl. 2016, § 128 Rn 5 … ). Der Wortlaut des § 128 S. 2 VVG sieht eine Einschränkung der Hinweispflicht aus subjektiven Gründen nicht vor; auch § 128 S. 3 VVG knüpft die Fiktion der Anerkennung an rein objektive Kriterien (BGH NJW 2014, 1813, 1815). Der Kl. musste unabhängig von einer etwaigen Kenntnis seiner Verfahrensbevollmächtigten davon ausgehen, dass die Durchführung eines Schiedsverfahrens für sein Begehren nicht erfolgversprechend sei, da, selbst wenn im Rahmen eines Schiedsverfahrens die fehlende Erfolgsaussicht seines Begehrens verneint würde, seinem Rechtschutzbegehren nach wie vor die – nach Mitteilung der Bekl. im Schiedsverfahren nicht zu berücksichtigende – Mutwilligkeit entgegenstünde.

Zudem bestehen für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Händler und die VW-AG hinreichende Aussichten auf Erfolg. Der VR ist aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz hinsichtlich der für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des VN erforderlichen Leistungen verpflichtet. Leistungen sind erforderlich, wenn sie sich auf eine objektiv notwendige Interessenwahrnehmung beziehen (BGH zfs 2005, 408). Hierbei muss die Interessenwahrnehmung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Dies bemisst sich nach den zu § 114 ZPO entwickelten Grundsätzen. Der Standpunkt des VN muss nach den von ihm aufges...

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