Entgegen der scheinbar klaren Subsumtion durch das AG Saarbrücken gibt es gerade keine klare gesetzliche Regelung zur Parallelvollstreckung von Fahrverboten, vgl. § 25 Abs. 2a S. 2 StVG, so dass im Zweifel eine gerichtliche Klärung über § 103 OWiG erfolgen muss. Es gibt dabei insgesamt vier Konstellationen: (1) mehrere privilegierte Fahrverbote; (2) mehrere sofortige Fahrverbote; (3) Mischfall aus (1) und (2); (4) Fahrverbot während einer Fahrerlaubnisentziehung.

Lösungsansätze gibt es immer einmal wieder, allerdings bisher ohne zwingende Allgemeingültigkeit. Für den Fall (1) lautet die ausdrückliche grds. Regelung: Fahrverbote sind nacheinander zu vollstrecken in der Reihenfolge der Rechtskraft. Schafft es der Verteidiger aber, zeitgleich die Rechtskraft mehrerer Verfahren herbeizuführen (z.B. Rücknahme in der Hauptverhandlung bei verbundenen Verfahren; Antritt eines Fahrverbots und am selben Tag Einspruchsrücknahme), kann eine parallele Vollstreckung stattfinden (vgl. AG Tecklenburg, Beschl. v. 28.10.2011 – 10 OWi 403/11 [b], juris; AG Hattingen zfs 2012, 233; AG Meißen DAR 2010, 339; OLG Hamm NZV 2010, 159; a.A. aber noch vorhanden, z.B. Hentschel/König/Dauer, § 25 StVG, Rn 30, worauf sich hier auch das AG Saarbrücken bezieht). Auch in Fall (2) wird eine parallele Vollstreckung bejaht (vgl. nur AG Dillenburg, Beschl. v. 9.11.2012 – 3 OWi 2 Js 60458/11, juris; auch mit einem Fahrverbot nach § 44 StGB!, vgl. BayObLG NZV 1993, 489). In der Konstellation (3) ist die Parallelvollstreckung zwar streitig, aber auch hier müsste sie ebenso möglich sein (vgl. etwa AG Tiergarten DAR 2014, 406; AG Walsrode DAR 2013, 95; AG Bremen NZV 2011, 50; AG Viechtach DAR 2007, 411; AG Cottbus, Beschl. v. 14.7.2009 – 83 OWi 562/09, juris; a.A. nun auch AG Viechtach, Beschl. v. 14.10.2011 – 6 II OWi 818/11, juris; a.A. weiterhin Hentschel/König/Dauer, s.o.). Für den Fall (4) wird immerhin eine analoge Anwendung des § 25 Abs. 2a S. 2 StVG zum Nachteil des Betr. für unzulässig erachtet (vgl. Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, S. 542; OLG Dresden NZV 1999, 432).

Insofern erachte ich die obige Entscheidung des AG Saarbrücken nicht für verallgemeinerungsfähig, denn die Vielzahl anderer jüngerer Entscheidungen wurde hier schlicht ignoriert. Der bloße Hinweis auf die Privilegierung des Mehrfachtäters verfängt auch nicht, denn den "Mengenrabatt" kennt man zur Genüge aus der Gesamtstrafenbildung. Was bringt das für den Verteidiger? Nicht viel. Denn der ist nach wie vor von der Meinung des örtlich entscheidenden Richters abhängig und dessen Entscheidung ist in der Regel nicht einmal mehr anfechtbar (vgl. Göhler/Seitz, § 103 OWiG, Rn 13). Insofern hilft nur: Argumente und Fundstellen sammeln und nachvollziehbar vorbringen.

Abzugrenzen ist die Problematik der Parallelvollstreckung von der Konstellation, dass der Betr. mit einer Handlung zwei Tatbestände mit Fahrverbotsandrohung verwirklicht: Dann kann gegen ihn auch nur ein Fahrverbot im Urteil angeordnet werden (KG Berlin, Beschl. v. 12.12.2014 – 3 Ws (B) 601/14, juris).

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 10/2015, S. 591 - 592

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