[7] "… Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das BG. …"

[10] 1. Steht eine wissentliche Pflichtverletzung des Notars im Raum, so kommt der Vorleistungsanspruch gegen den Berufshaftpflichtversicherer gem. § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO bereits dann in Betracht, wenn Letzterer unter Berufung hierauf die Regulierung ablehnt, gegen das Bestehen des Deckungsanspruchs aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag aber keine weiteren Einwendungen erhebt. Ein Streit zwischen Anspruchsteller und Berufshaftpflichtversicherer über diesen Punkt ist nicht erforderlich.

[11] Der Wortlaut der Vorschrift sagt nichts darüber aus, zwischen wem das Vorliegen des Ausschlussgrundes wissentlicher Pflichtverletzung nach Abs. 2 S. 1 Nr. 1 streitig sein muss. Jedoch ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, dass ein Anspruch des Geschädigten sogar dann gegeben sein kann, wenn zwischen ihm und dem Berufshaftpflichtversicherer ausdrücklich Einigkeit über eine wissentliche Pflichtverletzung des Notars besteht.

[12] Der Gesetzgeber hatte bei Einführung der Regelung des § 19a Abs. 2 S. 2 BNotO einen Streit der beiden VR vor Augen, die auf den jeweils anderen verweisen, und wollte, dass diese ihn untereinander austragen (BT-Drucks 13/11034 S. 38 f.). Dagegen soll sich der Mandant des Notars, wenn klar ist, dass jedenfalls einer der beiden VR leistungspflichtig ist (weil “nur‘ die wissentliche Pflichtverletzung streitig ist), im Interesse zügiger Schadenregulierung an den Berufshaftpflichtversicherer halten können. Letzterem stehen zum Ausgleich der Forderungsübergang (§ 19a Abs. 2 S. 3 BNotO) und ein Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 19a Abs. 2 S. 4 BNotO) gegen den Vertrauensschadenversicherer zu, so dass die Streitfrage im Regressprozess zwischen diesen beiden VR geklärt werden kann. Soweit dabei im Gesetz vom Übergang des Anspruchs gegen einen sonstigen “Ersatzberechtigten‘ die Rede ist, handelt es sich um ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers; gemeint ist “Ersatzverpflichteten‘ (vgl. Sandkühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 6. Aufl. § 19a Rn 57).

[13] Der Zweck der zügigen Schadenregulierung würde verfehlt, sofern der Geschädigte nicht beim Berufshaftpflichtversicherer liquidieren könnte, wenn in ihrem Verhältnis die Frage der wissentlichen Pflichtverletzung geklärt ist, der Vertrauensschadenversicherer, den dieses nicht bindet, dagegen nach wie vor nicht regulierungsbereit ist. Die Frage der wissentlichen Pflichtverletzung soll nach der gesetzlichen Konzeption – wenn es keine weiteren Streitpunkte gibt – nicht zwischen dem Geschädigten und dem Berufshaftpflichtversicherer, sondern allein zwischen Letzterem und dem Vertrauensschadenversicherer geklärt werden. Allein dies sollte daher mit der Formulierung “nur streitig‘ zum Ausdruck gebracht werden. …

[15] 2. Der mögliche Anspruch der Kl. entfällt nicht deswegen, weil inzwischen auch der Vertrauensschadenversicherer die Amtspflichtverletzung des Notars als wissentlich begangen betrachtet. Diese Feststellung des BG beruht auf einem Schreiben des Vertrauensschadenversicherers v. 17.8.2012, das erst im Verlauf des Rechtsstreits verfasst worden ist. Die Kl. war auch nicht etwa gehalten, von sich aus vor einer Inanspruchnahme der Bekl. an den Vertrauensschadenversicherer heranzutreten, um dessen Leistungsbereitschaft zu klären. Auch dies würde dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, dass sich der Geschädigte – bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme – im Interesse zügiger Schadenregulierung an den Berufshaftpflichtversicherer halten kann, ohne sich mit dem Einwand der Wissentlichkeit auch nur befassen zu müssen, wenn der Inanspruchnahme des Berufshaftpflichtversicherers keine anderen Einwendungen entgegenstehen. Lediglich eine vorsorgliche Schadenmeldung wird er dem Vertrauensschadenversicherer gegenüber bei drohendem Ablauf der Anzeigefrist abgeben müssen. … “

zfs 10/2014, S. 580 - 581

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