" … Insgesamt ist die Klage aber auch unbegründet. Dem Kl. steht gegenüber der Bekl. kein Entschädigungsanspruch nach § 12 Abs. 1 Ziff. 1 PflVG zu, weil keine ausreichenden objektiven Anhaltspunkte für den vom Kl. behaupteten Geschehensablauf vorliegen."

Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 PflVG kann derjenige, der durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs einen Personen- oder Sachschaden erleidet und dem deshalb Schadensersatzansprüche gegen den Halter, den Eigentümer oder den Fahrer des Fahrzeugs zustehen, diese Ersatzansprüche auch gegen den Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen geltend machen, wenn das Fahrzeug, durch dessen Gebrauch der Schaden verursacht worden ist, nicht ermittelt werden kann. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 PflVG kann in diesem Fall gegen den Entschädigungsfonds eine billige Entschädigung in Geld wegen eines Schadens, der nicht Vermögenschaden ist (§ 253 Abs. 2 BGB) nur geltend gemacht werden, wenn insoweit die Leistung einer Entschädigung wegen der besonderen Schwere der Verletzung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist.

Der Kl. kann den Nachweis, dass der Unfall durch den Gebrauch eines anderen Kraftfahrzeugs verursacht worden ist, nicht führen. Eine Anhörung des Kl. gem. § 447 ZPO konnte nicht erfolgen, weil die Bekl. die dafür erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat. Auch eine Vernehmung des Kl. gem. § 448 ZPO, wonach das Gericht auch ohne Antrag einer Partei und ohne Rücksicht auf die Beweislast die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien anordnen kann, wenn das Ergebnis der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, kommt nicht in Betracht. Denn es liegen keine objektiven Anhaltspunkte vor, die die Schilderung des Kl. als wahrscheinlich erscheinen lassen. Soweit sich der Kl. auf die Vernehmung der Zeugin B stützt, weil er ihr gegenüber bereits den Unfall entsprechend geschildert haben will, reicht dieses nicht aus. Es gibt keine tatsächliche Vermutung oder keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass durch zeitnahe Unfallschilderungen eines Unfallbeteiligten für einen Unfall, für den es keine Zeugen gibt, die tatsächlichen Begebenheiten zutreffend wiedergegeben werden. Hinzu kommt, dass keine Zeugen vorhanden sind, obwohl sich das Unfallgeschehen in einer Ortschaft ereignet hat und neben dem unfallverursachenden Fahrzeug ein weiteres Fahrzeug vor Ort gewesen sein soll und trotzdem durch die Polizei niemand ermittelt werden konnte, der das behauptete Unfallgeschehen beobachtet hat. Auch ein Aufruf in der regionalen Presse war erfolglos. Zudem waren am Unfallort keinerlei Spuren vorhanden, die eine Beteiligung eines anderen Fahrzeugs am Unfallgeschehen belegen würden.

Schließlich kann der Schilderung des Kl. auch nicht gefolgt werden, weil durchaus alternative Geschehensabläufe denkbar sind. Das Unfallgeschehen könnte bei einer Drittbeteiligung auch auf einer Fehleinschätzung des Kl. beruhen. Zudem sind auch Geschehensabläufe ohne Drittbeteiligung denkbar. So könnte der Kl. aufgrund eines Fahrfehlers oder wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen sein. Eine Drittbeteiligung ist auch deshalb fraglich, weil die Fahrzeuge vom Kl. nur vage beschrieben werden konnten und sich selbst der Fahrer des Ford Escort nicht gemeldet hat. Zweifel an der Schilderung des Kl. ergeben sich auch anhand der Fotos, die sich in der Ermittlungsakte befinden. Nach den Fotos ist am Unfallort ein relativ breiter Fußweg vorhanden. Auch ist die Fahrbahn selbst nicht als beengt einzustufen. Das Vorhandensein der Gewerbeschilder mit Eisenpfosten ist ebenfalls ohne weiteres ersichtlich. Es ist deshalb unverständlich, wieso der Kl. nicht lediglich auf den relativ breiten Fußweg ausgewichen ist und stattdessen in die Hecke gefahren ist. Daraus dürfte eigentlich zu schließen sein, dass der Kl. tatsächlich die Gewalt über das Fahrzeug verloren hatte.

Nach alledem war die Klage bereits aus den oben genannten Gründen abzuweisen, so dass nicht entscheidungserheblich ist, ob seitens des Kl. Dauerschäden vorliegen, die eine Schwere entsprechend dem Erfordernis von § 12 PflVG aufweisen. … “

Mitgeteilt von RA Karsten Koch, Hamburg

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