“ … Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 6.962,07 EUR aus der mit der Beklagten geschlossenen Teilkaskoversicherung gem. §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 VVG, §§ 12, 13 AKB infolge der Entwendung seines Motorrades am 22.3.2006 zu.

1. Der Kläger hat das äußere Bild des Entwendungstatbestandes seines Motorrades nachgewiesen.

Für einen behaupteten Diebstahl eines Kraftfahrzeuges bzw. Motorrades genügt der Versicherungsnehmer zunächst seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er Anzeichen behauptet und ggf. beweist, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines Diebstahls ergeben. Dieses äußere Bild eines Diebstahls ist im Allgemeinen schon dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem er es später nicht mehr vorfindet (BGHZ 130, 1, 3. BGHZ 132, 79, 81 … ). Diesen Minimalsachverhalt hat der Versicherungsnehmer in vollem Umfang zu beweisen. Beweiserleichterungen kommen ihm hierbei nicht zu. Falls dem Versicherungsnehmer keine Zeugen zur Verfügung stehen, kann das Gericht im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses die Behauptungen und Angaben des Versicherungsnehmers im Rahmen einer persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO unter Umständen auch dann glauben, wenn dieser ihre Richtigkeit sonst nicht beweisen kann …

Vorliegend hat das LG den Kläger persönlich nach § 141 ZPO angehört. Dieser hat nachvollziehbar geschildert, wie er das Motorrad abgestellt und nach seiner Rückkehr zum Abstellplatz nicht wieder vorgefunden hat. Die erkennende Einzelrichterin hat sich in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich mit den Angaben des Klägers in dessen Anhörung auseinander gesetzt und ihm Glauben geschenkt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung des LG sind nicht ersichtlich. Die unter 2. erörterten Verdachtsmomente, die für eine “ungenaue’ Angabe des Klägers zur Laufleistung des Motorrades sprechen könnten, hindern weder, seinen Angaben zum Minimalsachverhalt zu folgen, noch erlauben sie, die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Manipulation festzustellen:

Beweist der Versicherer konkrete Tatsachen oder sind diese unstreitig, die die Annahme mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahe legen, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht ist, so braucht er nicht zu leisten, wenn nicht der Versicherungsnehmer seinerseits den Vollbeweis für den Diebstahl erbringt (BGH NJW 1996, 993; VersR 1993, 571, 572). Hier kommt es auf eine Gesamtschau an, wobei auch falsche Angaben über die Laufleistung des Fahrzeuges zwecks Erschleichens einer höheren Entschädigung ein Indiz bilden können. Insoweit handelt es sich hier um die Problematik, die auch für die Frage der Obliegenheitsverletzung relevant ist. Unabhängig von dem fehlenden Nachweis der falschen Angaben des Klägers über die Laufleistung seines Motorrades (Ziff. 2.) würde dies allein jedoch nicht genügen, die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls zu begründen, da sie in erster Linie darauf hindeuten würden, dass der Kläger unzulässigerweise eine möglichst hohe Versicherungsleistung erlangen wollte.

2. Eine Obliegenheitsverletzung des Klägers nach § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 Ziff. V Nr. 4, Ziff. I Nr. 2 AKB hat die Beklagte nicht nachweisen können.

Die Beklagte ist nicht infolge einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers durch Falschangaben zur Laufleistung des Motorrades von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden sein. Nach § 7 Ziff. I Nr. 2 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Hierzu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß über solche Umstände aufzuklären, die für die Höhe des eingetretenen Schadens von Bedeutung sind. Davon erfasst werden auch wahrheitsgemäße Angaben über die Fahrleistung, da diese von erheblicher Bedeutung für die Berechnung des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges sind (OLG Saarbrücken RuS 2005, 322; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB, Rn 49). Der Versicherer ist hier in besonderem Maße auf wahrheitsgemäße Angaben angewiesen, da ihm der abhanden gekommene Pkw bzw. das abhanden gekommene Motorrad für eigene Untersuchungen nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. auch OLG Celle RuS 2006, 446, 447). Die Beklagte als Versicherer muss den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung darlegen und beweisen.

Die Beklagte hat diesen Nachweis falscher Angaben des Klägers über die Laufleistung seines Motorrades nicht führen können. Die Berufung hat zwar insoweit Erfolg, als das LG verfahrensfehlerhaft das von der Beklagten beantragte Sachverständigengutachten über die Abnutzspuren an den Fahrzeugschlüsseln zur Ermittlung der Laufleistung des klägerischen Motorrades nicht eingeholt hat, sodass die Beweisaufnahme durch den Senat nachgeholt werden musste. Allerdings ist der Beklagte nach Überzeugung des Senats der Nachweis nicht gelungen: Der Beweismaßstab des § 286 ZPO...

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