[11] Ein Leistungsanspruch des Kl. ist derzeit jedenfalls noch nicht fällig, weil die Bekl. notwendige Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalles aufgrund unzureichender Mitwirkung des Kl. nicht hat abschließen können, § 14 Abs. 1 VVG.

[12] Entgegen der Auffassung der Revision genügt nach der Dienstunfähigkeitsklausel die Versetzung des Kl. in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit nicht, um die Leistungspflicht des VRs auszulösen. Das ergibt die Auslegung der Klausel (vgl. – teilweise zu anderslautenden Klauselfassungen – OLG Brandenburg, Urt. v. 16.11 2021 – 11 U 7/21, juris Rn 25 ff.; OLG Frankfurt r+s 2008, 122 f. [juris Rn 28]; OLG Nürnberg VersR 2003, 1028 [juris Rn 55 ff.] … Gramse in Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht 2. Aufl. § 2 BUV 2008 Rn 89; Klaus-Weidenbach/Ostheim in MAH Versicherungsrecht, 5. Aufl. § 26 Rn 146; Klenk in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 172 Rn 31; Lücke in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. § 2 AVB BU Rn 113; Mangen in BeckOK VVG, § 172 Rn 24; HK-VVG/Mertens, 4. Aufl. § 172 Rn 39; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. Kap. 5 Rn 218; … Ebers, PK-VVG 4. Aufl. § 172 Rn 49; … vgl. auch OLG Düsseldorf VersR 2018, 21; a.A. KG Berlin VersR 2003, 718; LG Dortmund NJOZ 2016, 1561; Lensing, Der Personalrat 2006, 450, 454; für Unwirksamkeit Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersRHdb 3. Aufl. § 46 Rn 56).

[13] 1. AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VNs ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (Senat BGHZ 232, 344 Rn 10; st. Rspr.).

[14] 2. a) Bei der Beurteilung der Frage, ob die Leistungspflicht des VRs nach der den Bedingungen der Bekl. zugrunde liegenden Dienstunfähigkeitsklausel allein davon abhängen soll, dass der versicherte Beamte gesundheitsbedingt wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen worden ist, wird sich der durchschnittliche VN zunächst am Wortlaut der Klausel orientieren. Er erkennt, dass die Klausel für den versicherten Beamten einen zusätzlichen Tatbestand der "Berufsunfähigkeit" enthält, der neben die übrigen Leistungsversprechen in § 2 der AB tritt und mit der Versetzung des Beamten in den Ruhestand oder seiner Entlassung jedenfalls ein erkennbares Handeln des Dienstherrn voraussetzt, dies allein für den Anspruch des VNs auf Versicherungsleistungen indessen nicht ausreichend ist.

[15] Schon der Bedingungswortlaut macht ihm deutlich, dass der versicherte Beamte infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig sein muss und die Klausel damit – wie ihm schon die nachfolgende Wendung "und dazu" verdeutlicht – eine eigenständige Voraussetzung für die Feststellung vollständiger Berufsunfähigkeit aufstellt. Der durchschnittliche VN wird demgegenüber nicht annehmen, dass diese Voraussetzung inhaltsleer ist und ihr neben dem Erfordernis einer Verwaltungsentscheidung keine eigenständige Bedeutung zukommt.

Ihm wird in diesem Zusammenhang auffallen, dass die Klausel eine Zurruhesetzungs- oder Entlassungsverfügung "wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit" verlangt und es demnach der zusätzlichen Voraussetzung dauernder Unfähigkeit zur Erfüllung seiner Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen nicht bedurft hätte, wenn der VR mit der Klausel nur bindend auf das Ergebnis der Gesundheitsprüfung durch den Dienstherrn hätte abstellen wollen. Denn dann hätte er es bei dem Erfordernis einer auf Dienstunfähigkeit gestützten Verwaltungsentscheidung belassen können.

[16] b) Ein davon abweichendes Verständnis wird der VN auch nicht nach dem erkennbaren Zweck und dem Sinnzusammenhang der Klausel in Erwägung ziehen. Zwar entnimmt er ihr – wie das BG zu Recht annimmt, dass sie ihm gegenüber den übrigen Tatbeständen der Berufsunfähigkeit einen erweiterten Schutz bieten soll. Er wird aber keinen Anlass haben anzunehmen, der VR wolle entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Klausel auf eine eigene Prüfung der Dienstunfähigkeit verzichten und sich der Beurteilung der allgemeinen Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn unterwerfen (so aber Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 46 Rn 54).

[17] In dieser Auslegung behält die Klausel ihren Sinn. Anders als bei den weiteren Tatbeständen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1, Abs. 3 der AB verwehrt sie dem VR die Möglichkeit, den Versicherten auf eine andere von ihm ausgeübte Tätigkeit – auch im Wege der Nachprüfung – zu verweisen. Zudem verlangt sie dem versicherten Beamten...

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