Richtiges Verfahren

Der Einzelrichter des OLG Frankfurt hat die Beschwerde des Dritten gegen die Ablehnung des LG Darmstadt, eine Kostenentscheidung gegen die Klägerin zu erlassen, als Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG angesehen. Diese verfahrensrechtliche Einordnung entspricht jedoch nicht dem erkennbar von dem Dritten verfolgten Ziel. Die Beschwerde nach § 4 Abs. 3 JVEG richtet sich gegen die Festsetzung der Entschädigung des Zeugen oder – hier – des Dritten gegen die Staatskasse oder gegen die Versagung der Festsetzung einer solchen Entschädigung. Vorliegend hatte der Dritte jedoch von vornherein keine Entschädigungsansprüche gegen die Staatskasse nach § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 ff. JVEG geltend gemacht, sondern den Erlass einer Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin beantragt, aufgrund der er seine Anwaltskosten gegen diese hätte festsetzen können. Der Sache nach handelt es sich somit nicht um einen Entschädigungsanspruch des Dritten gegen die Staatskasse, sondern um den Erlass einer Kostenentscheidung, der sich nach dem einschlägigen Verfahrensrecht, hier also nach der ZPO, bestimmt. Der Einzelrichter des OLG Frankfurt hat somit "das Thema verfehlt", indem er sich mit Entschädigungsansprüchen des Dritten gegen die Staatskasse befasst hat, die gar nicht Gegenstand des Antrags des Dritten waren.

Hätte das OLG Frankfurt – wie es verfahrensrechtlich dem Antrag und dem erkennbaren Ziel des Dritten entsprochen hätte – über die Beschwerde nach Maßgabe der ZPO-Vorschriften entschieden, hätte es gem. § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde an den BGH zulassen können. Dann hätte der BGH über die Rechtsfrage entscheiden können, ob dem nach § 142 Abs. 1 ZPO herangezogenen Dritten ein Anspruch auf Erlass einer Kostenentscheidung gegen die im Rechtsstreit unterliegende Partei zusteht. Im Rahmen dieser Entscheidung hätte sich der BGH möglicherweise auch dazu äußern können, ob der Dritte aufgrund der im Rechtsstreit gegen die Klägerin ergangenen Kostenentscheidung Kostenerstattungsansprüche wegen seiner Anwaltskosten geltend machen kann.

Anspruch auf Kostenentscheidung zugunsten des Dritten

Das OLG Frankfurt hat dies verneint und sich hierauf auch auf einen Satz der Gründe des Beschlusses des BVerfG v. 8.10.1974 – 2 BvR 747/73- bezogen, in dem es heißt:

"Entstehende Kosten (für die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes) trägt der Zeuge, der den Rechtsbeistand ausschließlich im eigenen Interesse heranzieht."

Dies reicht m.E. jedoch noch nicht aus, um von vornherein einen Anspruch auf Erlass einer Kostenentscheidung bzw. einen Kostenerstattungsanspruch des gem. § 142 Abs. 1 ZPO herangezogenen Dritten zu verneinen. Das Argument, die Zuziehung eines Rechtsanwalts erfolge ausschließlich im eigenen Interesse, gilt nämlich für jeden Verfahrensbeteiligten, sei er Kläger, Beklagter oder eben Dritter i.S.d. § 142 Abs. 1 ZPO. Gleichwohl hat die im Rechtsstreit obsiegende Partei gem. § 91 Abs. 1 ZPO einen Kostenerstattungsanspruch gegen die unterlegene Partei, obwohl sie ihren Prozessbevollmächtigten ausschließlich im eigenen Interesse (in wessen Interesse denn sonst?) eingeschaltet hat. Zwar gilt die im Rechtsstreit nach Maßgabe des § 91 Abs. 1 ZPO ergangene Kostenentscheidung grundsätzlich nur zwischen den Verfahrensbeteiligten. Dies schließt jedoch nicht zwingend aus, dass nicht auch eine Kostenentscheidung zugunsten des Dritten ergehen kann. Allerdings gibt es hierfür – soweit ersichtlich – keine ausdrückliche Gesetzesvorschrift.

Dass ein Dritter in einem Rechtsstreit auch mit Kosten belastet werden kann, ergibt sich beispielsweise aus § 380 Abs. 1 ZPO, wonach einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht zum Beweistermin erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden können. Gleiches gilt über § 402 ZPO auch für einen nicht erschienenen Sachverständigen. Aufgrund einer solchen Kostenentscheidung steht den Parteien dann ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Zeugen bzw. den Sachverständigen zu (siehe BGH zfs 2021, 642 mit Anm. Hansens = RVGreport 2020, 477 [Hansens]. Auch wenn diese Vorschrift einen anderen Sachverhalt betrifft als die Anordnung der Herausgabe von Dokumenten in § 142 Abs. 1 ZPO, kann ihr der Grundsatz entnommen werden, dass Kostenentscheidungen auch im Verhältnis zu am Rechtsstreit nicht Beteiligten ergehen können. Ob aufgrund einer solchen Kostenentscheidung dem Dritten ein Kostenerstattungsanspruch gegen diejenige Partei des Rechtsstreits zusteht, der die Kosten des Dritten auferlegt worden sind, ist dann vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO zu klären.

Es wäre interessant gewesen zu erfahren, was der BGH von dieser Sache hält. Der Einzelrichter des OLG Frankfurt hat leider versäumt, den Antrag des Dritten auf der Ebene des (richtigen) Verfahrensrechts zu behandeln und damit die Möglichkeit verpasst, eine Entscheidung des BGH zu dieser Rechtsfrage zu erlangen. Diese Möglichkeit hat das OLG dem Dritten hier dadurch verbaut, dass es über dessen Beschwerde auf...

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