Die Entscheidung des LAG weist auf ein grundsätzliches Problem hin, das bei der Festsetzung des Gegenstandswertes in allen Gerichtsbarkeiten auftritt. Die Ausführungen des LAG zur Verfristung der Beschwerde des Kl. treffen zu, die Nebenentscheidung des LAG ist falsch.

I. Zustellung im Wertfestsetzungsverfahren

Im Regelfall ist im Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 Abs. 1 RVG die Interessenlage des Rechtsanwalts eine andere als die seines Auftraggebers. Dies setzt sich auch im Beschwerdeverfahren fort. Der Rechtsanwalt wird deshalb die Beschwerde nur mit dem Ziel einer Erhöhung des Wertes einlegen, der Auftraggeber hingegen – jedenfalls im Regelfall – nur mit dem Ziel einer Herabsetzung des festgesetzten Gegenstandswertes (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl., § 33 Rn 14). Daraus folgt, dass für den Beginn des Laufs der zwei Wochen betragenden Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG die Zustellung an den jeweiligen Beschwerdeberechtigten maßgeblich ist. Bereits die unterschiedliche Interessenlage in dem Wertfestsetzungsverfahren führt dazu, dass der Rechtsanwalt dort seinen Auftraggeber nicht vertreten kann. Hierauf sollte der Rechtsanwalt seinen Mandanten vorsorglich hinweisen und ihn auch über den Beginn und den Lauf der Beschwerdefrist belehren.

Diese Ausgangslage hat auch Auswirkungen auf den Adressaten der Zustellung des Wertfestsetzungsbeschlusses. Wegen der widerstreitenden Interessenlage hat deshalb – worauf das LAG Berlin-Brandenburg zutreffend hingewiesen hat – die Zustellung an den Auftraggeber selbst und nicht für ihn an den am Wertfestsetzungsverfahren ebenfalls beteiligten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. An den Prozessbevollmächtigten ist der Beschluss ggf. nur dann, wenn der Anwalt durch die Entscheidung beschwert wird, ebenfalls zuzustellen, um die Beschwerdefrist für den Rechtsanwalt selbst in Lauf zu setzen.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn hier der Kl. allein für das Wertfestsetzungsverfahren einen anderen Rechtsanwalt zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt hätte. Dann hätte die Zustellung des Wertfestsetzungsbeschlusses an diesen Verfahrensbevollmächtigten erfolgen müssen. Eine Zustellung an den den Streitwertfestsetzungsantrag stellenden Anwalt wäre jedoch auch hier ausgeschlossen.

II. Kostenentscheidung

Das LAG Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss die Beschwerde des Kl. auf seine Kosten als unzulässig verworfen und die Kostenentscheidung auf § 97 Abs. 1 ZPO gestützt. Dies war unzutreffend, weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt. Insbesondere richtet sich das Beschwerdeverfahren nicht nach der ZPO. Das Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes ist in § 33 RVG abschließend geregelt. Eine Verweisung auf die ZPO erfolgt allein in § 33 Abs. 6 S. 2 Hs. 2 RVG auf die §§ 546 und 547 ZPO zu den inhaltlichen Anforderungen der weiteren Beschwerde. Folglich gilt auch hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht die vom LAG herangezogene Vorschrift des § 97 Abs. 1 ZPO. Vielmehr ist im Wertfestsetzungsbeschwerdeverfahren überhaupt keine Kostenentscheidung zu treffen.

Hinsichtlich der Gerichtskosten ist eine solche Kostenentscheidung aus folgenden Gründen überflüssig: Gem. § 33 Abs. 9 S. 1 RVG ist die dort geregelte Gerichtsgebührenfreiheit zwar nur auf das Antragsverfahren beschränkt. Im Beschwerdeverfahren fällt nach Nr. 8614 GKG KV die dort bestimmte Festgebühr von 50 EUR an, wenn die Beschwerde – wie hier – verworfen oder zurückgewiesen wird. Kostenschuldner ist gem. § 22 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GKG derjenige, der das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, hier somit der Kl. als Beschwerdeführer. Deshalb bedurfte es wegen der gerichtlichen Verfahrensgebühr keiner Kostenentscheidung.

Hinsichtlich etwaiger außergerichtlicher Kosten war die Kostenentscheidung wegen der ausdrücklichen Regelung in § 33 Abs. 9 S. 2 RVG nicht nur überflüssig, sondern falsch. Danach werden auch im Verfahren über die Beschwerde Kosten nicht erstattet. Folglich könnte der Prozessbevollmächtigte des Kl., sofern ihm überhaupt im Beschwerdeverfahren Kosten entstanden wären, aufgrund der unrichtigen Kostenentscheidung des LAG keine Kostenerstattung verlangen. Die offenkundig gesetzwidrige Kostenentscheidung entfaltet nämlich keine Bestandskraft für ein etwaiges Kostenfestsetzungsverfahren (siehe KG zfs 2011, 346 mit Anm. Hansens = RVGreport 2011, 183 [Hansens] = AGS 2012, 45; a.A. AnwKomm-RVG/N. Schneider, § 11 RVG Rn 354 für die mit § 33 Abs. 9 S. 2 RVG wörtlich übereinstimmende Regelung des § 11 Abs. 2 S. 6 RVG). Um den Rechtsschein der gesetzeswidrigen Kostenentscheidung zu beseitigen, könnte der Kl. dagegen beim LAG Gegenvorstellungen erheben.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 9/2017, S. 524 - 526

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