[1] „Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet. Die Voraussetzungen für die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners v. 6.1.2011 nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO liegen nicht vor. Die im Rahmen der genannten Bestimmung anzustellende Interessenabwägung fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus, weil die angefochtene Ordnungsverfügung des Antragsgegners offensichtlich der Sach- und Rechtslage entspricht.

[2] Der Antragsgegner hat sich zutreffend von der Einschätzung leiten lassen, dass sich aus den fünf Zuwiderhandlungen des Antragstellers im Straßenverkehr in Verbindung mit der Vorgeschichte des Antragstellers, also der vorangegangenen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem (§ 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG), dessen Fahrungeeignetheit ergibt. Die Fahrerlaubnisbehörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in der Zeit vom 3.11.2009 bis zum 5.5.2010 vom Antragsteller begangenen Verkehrsverstöße, deren Ahndung jeweils in Rechtskraft erwachsen ist und die mit insgesamt acht Punkten bewertet sind, nicht isoliert betrachtet werden können und daher nicht nur ein erneutes Tätigwerden auf der ersten Sanktionsstufe des § 4 Abs. 3 S. 1 (schriftliche Unterrichtung über den Punktestand, Verwarnung und Hinweis auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar) nach sich ziehen konnten. Vielmehr war zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller gleichsam “im zweiten Durchgang’ des Vorgehens nach § 4 StVG befindet und nach der Entziehung der Fahrerlaubnis im September 2008 erst seit dem 3.8.2009 wieder im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Dies und auch die ganz offenkundig unzutreffende Prognose im medizinisch-psychologischen Gutachten der Q.-MPU-GmbH in C. vom 11./19.3.2009 durfte und musste den Antragsgegner dazu veranlassen, nach § 4 Abs. 1 S. 2 StVG von der neuerlichen Anwendung des Punktsystems abzusehen.

[3] Nach der genannten Bestimmung findet das Punktsystem keine Anwendung, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer Maßnahmen aufgrund anderer Vorschriften, insb. der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG, ergibt. Die von den VG vollen Umfangs überprüfbaren Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 2 StVG,

[4] vgl. dazu OVG NRW, Beschl. v. 10.12.2010 – 16 B 1392/10, juris, Rn 13 f. (= [zfs 2011, 179 =] NJW 2011, 1242 = NZV 2011, 215 = VRS 120 (2011), 190),

[5] also insb. das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit anderer oder früherer Maßnahmen, liegen vor. Der Antragsteller kann nach dem Durchlaufen der Maßnahmen nach dem Punktsystem bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis und daran sich anschließend nach dem Ablauf der Wartefrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 10 S. 1 und 2 StVG), der Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens (§ 4 Abs. 10 S. 3 StVG) und schließlich der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nicht wie der weit überwiegende Teil der mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhaber behandelt werden, auf die nicht bereits einmal das vollständige Instrumentarium des Punktsystems (§ 4 Abs. 3 S. 1 StVG) angewandt worden ist. Vielmehr unterscheidet sich der Antragsteller von der genannten Gruppe dadurch, dass ihn selbst die Entziehung der Fahrerlaubnis im Jahr 2008 und die anschließende führerscheinlose Zeit nicht in einem Maße beeindruckt haben, dass nunmehr seine Neigung zu Verkehrsübertretungen geringer geworden wäre. Es würde die Belange der Verkehrssicherheit in unvertretbarem Maße missachten, wenn der Antragsteller, dem bereits einmal vollen Umfangs die Hilfestellungen nach dem Punktsystem, insb. eine förmliche Verwarnung und ein Aufbauseminar, zuteil geworden sind, ein weiteres Mal sämtliche Sanktionsstufen nach § 4 Abs. 3 S. 1 StVG durchlaufen müsste, ehe ihm erneut die Fahrerlaubnis entzogen werden kann. Denn es kann angesichts der Hartnäckigkeit und Unbeeindruckbarkeit des Antragstellers nicht erwartet werden, dass die Wiederholung der Maßnahmen nach dem Punktsystem zu einem ordnungsgemäßen Fahrverhalten führen werden.

[6] Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Beschl. v. 10.12.2010 – 16 B 1392/10, a.a.O. (juris, Rn 11), mit zustimmender Anmerkung von Dauer, NJW 2011, 1243 f.

[7] Über die Vorbelastung hinaus ergibt sich die negative Prognose hinsichtlich des Weiteren Verkehrsverhaltens des Antragstellers auch daraus, dass er die fünf Verstöße innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums von etwa einem halben Jahr begangen hat, was für eine besonders schwerwiegende Fehleinstellung zu dem Erfordernis einer normgerechten und gefahrenvermeidenden Verkehrsteilnahme spricht.

[8] Gegen die Annahme einer Notwendigkeit, vom abermaligen Durchlaufen des Maßnahmenkatalogs nach § 4 Abs. 3 S. 1 StVG abzusehen, kann sich der Antragsteller auch weder auf die positive medizinisch-psychologische Untersuchung noch auf den Umstand berufen, dass die Punkte für die Zuwiderhandlungen vor der Fahrerlaubnisentziehung im Jahr 2008 gem. § 4 Abs. 2 S. 3 StVG gelöscht worden sind. Die medizinisch-psyc...

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