BGB § 833 § 840 Abs. 3

§ 840 Abs. 3 BGB gilt nicht nur im Verhältnis mehrerer Geschädigter, sondern auch dann, wenn es im Rahmen der Verschuldenshaftung um den eigenen, von dem Tier verursachten Schaden des Tierhalters geht.

(Leitsatz der Schriftleitung)

LG Limburg, Urt. v. 29.1.2010 – 3 S 271/08

Die Klägerin hat die Beklagte als Tierhalterin auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Klägerin ritt mit ihrem eigenen Pferd zur Weide und führte das Pferd der Beklagten an der Trense. Die Parteien hatten eine "lose" Vereinbarung getroffen, wonach der jeweils zur Weide Reitende das andere Pferd mitnehmen sollte, um es auf die Weide zu bringen. Vor dem eingezäunten Bereich vor der Weide löste die Klägerin das Elektroband zur Weide, sodass zunächst das eigene Pferd der Klägerin nach Verschließen des Gatters auf die Weide lief. Das Pferd der Beklagten bewegte sich in dem eingezäunten Bereich vor der Weide und stieß die seitlich vor ihm stehende Klägerin um. Das Pferd der Beklagten wollte das auf dem Boden liegende, der Klägerin zuvor bei dem Anstoß aus der Hand gefallene Elektrokabel nicht überschreiten und verletzte bei der Bewegung vor der Weide die Klägerin an beiden Beinen. Sie hat unter Anerkennung eines unfallursächlichen Mitverschuldens von 50 % ein Schmerzensgeld von 750 EUR und den Ersatz des Haushaltsführungsschadens von ca. 780 EUR geltend gemacht. Das AG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufung der dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenientin beigetretenen Tierhalterhaftpflichtversicherung der Beklagten verfolgt die Abweisung der Klage. Sie hat einen Haftungsausschluss wegen Vorliegens eines Arbeitsunfalls angenommen und die Abwägung der Verursachungsbeiträge zu Lasten der Beklagten für verfehlt gehalten. Die Berufung führte zur Abänderung des angefochtenen Urteils des AG und zur Abweisung der Klage.

Aus den Gründen:

“Das Rechtsmittel der Nebenintervenientin ist an sich statthaft (§ 511 ZPO) und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache selbst hat es Erfolg. Das angefochtene Urteil ist abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Klägerin steht zwar grundsätzlich gegen die Beklagte als Tierhaltern ein Schadensersatzanspruch gem. § 833 S. 1 BGB zu, weil sie – dies wird von der Berufung nicht mehr bestritten – von dem Pferd der Beklagten im behaupteten und in dem angefochtenen Urteil festgestellten Umfang am 19.10.2006 verletzt worden ist.

Ein Haftungsausschluss infolge eines Arbeitsunfalls gem. §§ 104 Abs. 1, 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII liegt nicht vor.

Es kann auf sich beruhen, ob – wie das AG in der angefochtenen Entscheidung meint – hier infolge eines Gefälligkeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten und der hier vorgegebenen Freizeitgestaltung bei der Haltung der Pferde ein Haftungsausschluss wegen der bei der Klägerin aufgetretenen Sach- und Personenschäden zu verneinen ist. Jedenfalls ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin gerade nicht im Wesentlichen fremdnützig tätig geworden ist. Eben dies ist aber der maßgebliche Grund für den nach den §§ 104, 2 SGB VII vorgegebenen Ausschluss der Inanspruchnahme der Beklagten (vgl. nur Kolb, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Rn 27 Kap. 31 m.w.N.).

Der Klägerin war ersichtlich primär und damit maßgeblich daran gelegen, ihr eigenes Pferd auf die Weide zu bringen. Dass sie dabei das Pferd der Beklagten absprachegemäß mitgenommen hat, diente der Vereinfachung und macht ihre Gefälligkeit nicht entscheidend zu einer fremdnützigen, hängt doch die Mitnahme des Pferdes der Beklagten allein von dem Interesse der Klägerin ab, ihr Pferd auf die Weide zu bringen.

In Übereinstimmung mit dem AG ist davon auszugehen, dass die Tierhalterhaftung der Beklagten gem. § 833 S. 1 BGB bei der Bestimmung des Schadensersatzanspruchs dem Grunde wie auch der Höhe nach gegen die die Klägerin ihrerseits treffende Haftung gem. § 254 Abs. 1 BGB abzuwägen ist.

Es mag hier offen bleiben, ob die Klägerin wegen des Mitführens des Pferdes der Beklagten auf Grund der damit unter Umständen einhergehenden rechtsverbindlichen Abrede einer Tieraufseherhaftung nach § 834 BGB (vgl. Sprau, in: Pal., BGB, 68. Aufl., Rn 2, § 834) oder einer deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB unterliegt. In beiden Fällen kommt nämlich ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht in Betracht, weil die Klägerin das Unfallgeschehen und damit auch die hieraus erwachsenen Folgen allein verschuldet hat und folglich hierfür gem. § 840 Abs. 3 BGB verantwortlich ist.

Direkt anwendbar ist § 840 Abs. 3 BGB auf den vorliegenden Fall zwar nicht, weil hier unmittelbar nur der Ausgleich zwischen mehreren Gesamtschuldnern im Innenverhältnis geregelt wird, wobei die Gesamtschuldner einem geschädigten Dritten zum Ersatz verpflichtet sind. Allerdings kommt eine entsprechende Anwendung in Betracht. Es ist anerkannt, dass die Regelung des § 840 Abs 3 BGB nicht nur im Verhältnis mehrerer Schädiger unterein...

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