Aus den Gründen: „… Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten. Deren Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 22 VVG, § 123 BGB) greift nicht durch. Denn sie setzt voraus, dass objektiv falsche Angaben in Täuschungsabsicht gemacht wurden, wobei die Beweislast für die Täuschungsabsicht der Versicherer trägt … Von dem Versicherungsnehmer wird dabei verlangt, dass er plausible Angaben dazu machen muss, warum und wie es zu den falschen Angaben gekommen ist. Dies vorausgesetzt, hat die erklärte Anfechtung der Beklagten im Ergebnis keinen Erfolg.

Es ist zutreffend, dass die Klägerin die bei ihr vorhandene Asthma-Erkrankung unter der Frage nach Erkrankungen der Atmungsorgane (1.1) nicht angegeben hat. Ihre Auffassung, diese Asthma-Erkrankung sei eine Folge ihrer Neurodermitis-Erkrankung wird indessen durch den von der Beklagten vorgelegten Wikipedia-Auszug zur Neurodermitis gestützt. Dort heißt es auf S. 2 unter der Überschrift “Symptome und Beschwerden’: “Neben den Hauterscheinungen sind Heuschnupfen oder Asthma bei Patienten mit atopischen Ekzemen in einigen Fällen ebenfalls vorhanden.’

Auf S. 3 heißt es unter der Überschrift “Allergien’: “Ein Großteil der Patienten mit Neurodermitis leiden zusätzlich unter Allergien. … Neurodermitis für sich betrachtet wird von der wissenschaftlichen Medizin zwar von den Allergien abgegrenzt, weist aber z.T. ähnliche Symptome wie gängige Allergien auf. Die Haut eines Neurodermitikers ist sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen. … ’

Auf Seite 4 heißt es unter der Überschrift “Ursache’: “Bei einem Teil der Betroffenen konnte auch ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Neurodermitis und einer Nahrungsmittel- oder Tierhaarallergie beobachtet werden. Deutliche Hinweise bestehen auch auf eine Miteinbeziehung des vegetativen Nervensystems (welches die nicht bewusst steuerbaren Funktionen wie Verdauung, Herzschlag usw. reguliert). Dieser Aspekt erklärt u.a., warum Betroffene bei Stress zu Ausschlagsschüben oder Verdauungsproblemen neigen.’

Die Erklärung der Klägerin, sie habe eine Verbindung zwischen ihrer Neurodermitis und ihrem allergischen Asthma gesehen, ist daher plausibel, selbst wenn dabei kein medizinisch zwingender Zusammenhang bestehen mag. Überdies ist hervorzuheben, dass in Ziffer 1.10 des Antragsformulars nach Erkrankungen der Haut (auch Allergien) gefragt ist. Dann hat die Klägerin aber die Gesundheitsfragen nicht falsch beantwortet, sondern das bei ihr vorhandene allergische Asthma der falschen Rubrik zugeordnet. Diese Falschzuordnung musste sich ihr auch durch die Formulierung des Risikoausschlusses nicht als solche aufdrängen. Wenn die Klägerin aber dieser Auffassung war und den von der Beklagten geforderten Risikoausschluss für “Neurodermitis einschließlich eintretender Folgen’ akzeptierte, spricht dies dafür, dass ihr jedenfalls spätestens zu diesem Zeitpunkt die Absicht fehlte, Einfluss auf die Entscheidung der Beklagten durch Verschweigen ihrer Asthma-Erkrankung zu nehmen, die nämlich dann nach ihrer Vorstellung vom Risikoausschluss umfasst war. Entgegen der Auffassung des LG kann somit nicht von einer Schutzbehauptung der Klägerin ausgegangen werden …

Die Antragsfrage Nr. 3 nach regelmäßiger Medikamenteneinnahme in den letzten 5 Jahren hat die Klägerin ebenfalls mit “nein’ beantwortet, obwohl ihr im Zeitraum zwischen dem 26.9.1998 und dem 19.11.2002 die Medikamente “Zyrtec’ und “Terfenadin’ verordnet worden waren. Dabei handelt es sich jeweils um ein Antihistaminikum gegen Allergien. Bei den Erläuterungen zu Antragsfrage 1.10 (Erkrankungen der Haut) hat die Klägerin indessen die Medikamente “L’ und “D’ angegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem BG hat sie hierzu erklärt, das Medikament “L’ sei an die Stelle der beiden erstgenannten Medikamente getreten. Auch hier kann somit nicht von einem Verschweigen einer Medikation in Täuschungsabsicht ausgegangen werden.

Zutreffend ist indessen, dass die Klägerin die Antragsfrage Nr. 6 nach Behandlungen und Untersuchungen in den letzten 5 Jahren objektiv falsch mit “nein’ beantwortet hat. Hier fehlen die von Dr. P durchgeführten Asthma-Behandlungen. Andererseits hat die Klägerin erläuternd zu Frage 1.10 angegeben, sie leide “seit Geburt’ an Neurodermitis und die bereits genannte Medikation mitgeteilt. Wenn die Klägerin aber angab, sie leide “seit Geburt’ unter Neurodermitis und der von der Beklagten vorgelegte Wikipedia-Auszug hierzu ausführt, Neurodermitis gelte als nicht heilbar, musste sich der Beklagten aufdrängen, dass Frage 6 von. der Klägerin unzutreffend beantwortet sein musste. Wenn sie ungeachtet dessen einen klärenden Hinweis oder eine klärende Nachfrage unterließ, kann sie sich in dieser Hinsicht nicht auf ihr gesetzliches Rücktritts- oder Anfechtungsrecht berufen. So liegt der Fall hier … “

Mitgeteilt von RAin Chrometzka, Kanzlei RA G. Schnarrenberg, Düsseldorf

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