“ … Die zulässige Revision hat auf die Sachrüge hin ( … ) vorläufigen Teilerfolg, weil die Berufung nur z.T. wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war. ( … )

1. Die Revision ist teilweise begründet, weil das AG Art und Umfang der Schuld des Angeklagten, soweit es diesen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen hat, nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße festgestellt hat, so dass insoweit die Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam war (vgl. BayObLGSt 1999, 105; OLG München Beschl. v. 20.6.2007 – 4St RR 103/07 – und v. 8.10.2007 – 4St RR 178/07 sowie Urt. v. 18.2.2008 – 4St RR 202/07; Meyer-Goßner StPO, 51. Aufl., § 318 Rn 16 m.w.N.).

a) Auch ohne eine entsprechende Verfahrensrüge und unabhängig von einer sachlichen Beschwer des Angeklagten ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob ein mit der Revision angefochtenes Berufungsurteil über alle Entscheidungsbestandteile des vorangegangenen amtsgerichtlichen Urteils entschieden hat. Aus diesem Grund ist vom Revisionsgericht, falls das Berufungsgericht wegen der vom Berufungsführer erklärten Berufungsbeschränkung (§ 318 StPO) sich nur mit einzelnen Teilen des Ersturteils befasst hat, auch nachzuprüfen, ob und inwieweit die Berufung rechtswirksam auf diese Teile beschränkt war (vgl. BayObLGSt a.a.O.; Meyer-Goßner a.a.O. Rn 33). Grundsätzlich ist der Rechtsfolgenausspruch alleine anfechtbar, wenn die Schuldfeststellungen eine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung bilden. Dies ist hier nicht der Fall.

b) Bei der Verurteilung wegen einer (folgenlosen) Fahrt ohne Fahrerlaubnis darf sich der Tatrichter – hinsichtlich der Tat selbst – nicht damit begnügen, neben der Schuldform lediglich anzugeben, dass der Angeklagte zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort ein Fahrzeug geführt hat (in einem solchen Fall ist eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch in der Regel unwirksam). Die Schuld des Täters kann in derartigen Fällen wesentlich durch die Gegebenheiten der Fahrt selbst bestimmt sein. Hierzu sind daher – soweit möglich – Feststellungen erforderlich, wie zumal bei einem (wie auch vorliegend) geständigen Angeklagten. Anlass und Dauer der Fahrt können ebenso von Bedeutung sein, wie der Umstand, ob der Täter sich eher zufällig zur Fahrt entschlossen hat, wobei eine Rolle spielen kann, ob er aus eigenem Antrieb handelte oder von Dritten verleitet wurde. Wesentliche Faktoren können sein, ob und weshalb die Fahrt privat oder beruflich veranlasst war, ob der Täter hierzu durch Dritte gedrängt wurde, sowie unter dem Gesichtspunkt des Ausmaßes der herbeigeführten Gefahr, die Dauer und Länge der bereits zurückgelegten und der noch beabsichtigten Fahrstrecke sowie die Verkehrsbedeutung der befahrenen Straße (BayObLG NZV 1992, 453; 1997, 244 <= zfs 1997, 192>[jeweils zu den gebotenen Feststellungen bei Trunkenheit im Verkehr]; OLG München Urt. v. 18.2.2008 – 4St RR 202/07 m.w.Rechtsprechungsnachweisen).

Feststellungen im genannten Sinn oder wenigstens zu einigen nach Lage des Einzelfalls besonders bedeutsamen Umständen werden sich vom Tatrichter auch regelmäßig ohne besonderen Aufwand treffen und im Urteil darstellen lassen. Nur wenn dies nicht mit mehr verhältnismäßigen Mitteln oder gar nicht möglich ist, etwa weil der Täter schweigt und Zeugen nicht zur Verfügung stehen, könnte etwas anderes gelten (BayObLG NZV 1997, 244 [= zfs 1997, 192]).

c) Zu alledem enthält das Urteil des AG keine Ausführungen. Das Berufungsgericht hätte das nicht hinnehmen dürfen. Vielmehr hätte es über diese Tatfragen ohne Rücksicht auf die erklärte Berufungsbeschränkung neu entscheiden müssen. Weil das nicht geschehen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung auf diesem Mangel beruht. … .“

Mitgeteilt von RiOLG Dr. Philipp Stoll, München

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