ZPO § 91 Abs. 1 S. 1 § 104; VV RVG Nr. 3401; Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1; BGB § 670 § 675

Leitsatz

1. Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (hier: 0,65-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV RVG) fallen für einen Terminsvertreter nur an, wenn dieser von der Prozesspartei selbst oder in deren Namen durch den Prozessbevollmächtigten (Hauptbevollmächtigten) beauftragt worden ist, nicht hingegen, wenn letzterer im eigenen Namen den Auftrag zur Terminsvertretung erteilt hat (Anschluss an BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 122/98, NJW 2001, 753 unter II 2 b [zu § 53 BRAGO] = BRAGOreport 2001, 26 (Hansens); Beschl. v. 13.7.2011 – IV ZB 8/11, zfs 2011, 582 Rn 8 m. Anm. Hansens = AGS 2011, 568.

2. Bei einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen sind die Kosten des Terminsvertreters auch nicht als Auslagen des Hauptbevollmächtigten im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG in Verbindung mit §§ 675, 670 BGB erstattungsfähig.

BGH, Beschl. v. 9.5.2023 – VIII ZB 53/21

1 Sachverhalt

Die in Schwerte lebenden Kläger beauftragten einen seinerzeit ebenfalls in Schwerte ansässigen Rechtsanwalt, für sie als Prozessbevollmächtigter in einem vor dem LG Berlin geführten Rechtsstreit tätig zu werden. In den beiden Verhandlungsterminen vor dem LG Berlin trat für die Kläger eine unterbevollmächtigte Rechtsanwältin aus Berlin als Terminsvertreterin auf. Aufgrund der zu ihren Gunsten ergangenen Kostenentscheidung beantragten die Kläger die Festsetzung ihrer Kosten, darunter auch der Aufwendungen für die Terminsvertreterin. Dem Kostenfestsetzungsantrag beigefügt war eine von der Kanzlei der Terminsvertreterin ausweislich der Adresszeile an den Prozessbevollmächtigten der Kläger gerichtete Rechnung für die Wahrnehmung der Termine, in der diese eine 0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3401 VV RVG und eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3402 VV RVG i.V.m. Nr. 3104 VV RVG zuzüglich Auslagen in Rechnung stellte. Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Terminsvertreterkosten trugen die Kläger vor, dass im Falle der Anreise ihres Hauptbevollmächtigten aus Schwerte Fahrtkosten in Höhe von mehr als 600,00 EUR angefallen wären.

Der Rechtspfleger des LG Berlin hat von den Terminsvertreterkosten lediglich die Terminsgebühr festgesetzt, die Festsetzung der von den Klägern weiterhin beantragten 0,65 Verfahrensgebühr nebst anteiliger Umsatzsteuer jedoch abgelehnt. Die gegen die Absetzung gerichtete sofortige Beschwerde hat das Kammergericht zurückgewiesen. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Kläger hatte beim BGH keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen:

II.

[6] … "Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

7 1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse – im Wesentlichen damit begründet, das Landgericht habe zu Recht entschieden, dass die Kläger nicht die geltend gemachten Terminsvertreterkosten für die Unterbevollmächtigte erstattet verlangen könnten, weil diese Kosten nicht unmittelbar bei ihnen angefallen seien. Die Kläger hätten nicht glaubhaft gemacht, dass sie selbst die Unterbevollmächtigte beauftragt hätten oder deren Beauftragung durch den Hauptbevollmächtigten im Namen der Kläger erfolgt sei.

[8] Die von den Klägern zur Glaubhaftmachung der ihnen entstandenen Kosten der Unterbevollmächtigten eingereichte Kostenrechnung sei nicht an sie, sondern – ausweislich des Adressfelds – an den Hauptbevollmächtigten gerichtet gewesen. Aus der Berechnung seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kosten bei den Klägern angefallen seien. Obwohl das Landgericht mehrfach auf die Bedeutung des Umstands hingewiesen habe, wer die Unterbevollmächtigte beauftragt gehabt habe, hätten die Kläger hierzu lediglich vorgetragen, es sei unerheblich, ob die Berechnung an sie oder fälschlicherweise an den Hauptbevollmächtigten gerichtet gewesen sei. Aus dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift ergebe sich nichts Anderes.

[9] Die Kläger könnten die Kosten der Unterbevollmächtigten auch nicht als Auslagen im Sinne der Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV RVG ersetzt verlangen. Hinsichtlich dieser in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage folge das Beschwerdegericht – in Übereinstimmung mit der Vorinstanz – der Auffassung, wonach eine solche Erstattungsfähigkeit zu verneinen sei.

[10] 2. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.

[11] a) Rechtsfehlerfrei hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit der zur Festsetzung begehrten Verfahrensgebühr (Nr. 3401 VV RVG) nicht vorliegen.

[12] aa) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten, der – wie hier als Terminsvertreter – für den am Wohnort oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine bei dem an einem anderen Ort gelegenen Prozessgericht wahrnimmt, sich nach § 9...

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