Der Kl. kann von der Bekl. die Freistellung von der Inanspruchnahme wegen des Schadensereignisses vom 4.8.2018 nicht verlangen.

1. Dem Anspruch steht nicht bereits entgegen, dass der Kl. nicht VN des Familien-Haftpflichtversicherungsvertrages Nr. H … und damit dem Grund nach nicht befugt ist, Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zu machen (vgl. Späte/Schimikowski/Schimikowski, 2. Aufl. 2015, BB PHV Rn 89, 90). Da die Bekl. sich hierauf erstinstanzlich nicht darauf berufen hat, ist dies als Einverständnis mit ihrer unmittelbaren Inanspruchnahme zu werten und für das Berufungsverfahren bindend (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1966, 481; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 1480; HK-VVG/Schimikowski Ziff. 27 AHB Rn 4 …).

2. Das LG hat den Anspruch jedoch zu Recht zurückgewiesen, da der Kl. nicht ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, dass er zum Zeitpunkt des Schadensereignisses in den über den Familien-Haftpfllichtversicherungsvertrag vermittelten Versicherungsschutz mit einbezogen war.

Ausweislich der Versicherungsbedingungen unter 2.1.(4) und 2.1.(5) setzt die Einbeziehung von volljährigen Kindern (mit abgeschlossener Berufsausbildung) des VN in den Versicherungsschutz voraus, dass sie mit dem VN in häuslicher Gemeinschaft leben. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bedingungen, da unabhängig von den vorgenannten Bestimmungen, (…) die Mitversicherung erhalten (bleibt), solange die häusliche Gemeinschaft mit dem VN besteht. Daneben wird für den in Ziffer 2.1.(5) aufgeführten weiteren Personenkreis zusätzlich gefordert, dass eine mitversicherte Person dieselbe Meldeadresse wie der VN hat. Entgegen der Ansicht der Berufung kann nicht bereits dann, wenn ein volljähriges Kind als ehemals (mit-)versicherte Person dieselbe Meldeadresse wie der VN hat, ohne weiteres auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft im Sinne der Versicherungsbedingungen geschlossen werden.

Eine häusliche Gemeinschaft besteht bei einem nicht ganz vorübergehenden Verhältnis der Wohngemeinschaft, das vor allem in einer einheitlichen Wirtschaftsführung zum Ausdruck kommt. Indizien hierfür sind insbesondere die gemeinsame Nutzung von zumindest Teilen des Hausrats und der Räume, die Gewährung von Kost und Logis oder finanzieller Mittel, die Dauer des gemeinsamen Wohnens und das Befinden persönlicher Gegenstände in der Wohnung (BGH, VersR 1986, 333; vgl. auch OLG Brandenburg, Urt. v. 18.8.2016 – 12 U 134/15 –, juris, HK-VVG/Jens Muschner, 4. Aufl. 2020, VVG § 86 Rn 51, 52 m.w.N.).

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt des Schadensereignisses der Lebensmittelpunkt des Kl. im Sinne einer gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsführung im Haushalt seiner Mutter als VN gelegen hat, lassen sich seinem Vortrag an keiner Stelle entnehmen. Der Kl. hat sich vielmehr darauf beschränkt, eine Meldebescheinigung vorzulegen, ohne auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft näher einzugehen.

Allein eine Meldebescheinigung ist jedoch nicht geeignet, das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft zu belegen und stellt auch vorliegend kein hinreichendes Indiz für das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft dar. Zweifel an der Aussagekraft der vorgelegten Bescheinigung ergeben sich zudem bereits daraus, dass der Kl. ausweislich der Meldebescheinigung vom 8.9.2020 seit dem 5.10.2018 mit alleiniger Wohnung in N., K. Straße 6 gemeldet ist, in der Hauptverhandlung vor dem AG R am 16.5.2019 aber angegeben hat, noch bei den Eltern in N., M. Str. 32 in einem eigenen Zimmer wohnhaft zu sein und dafür 300,– EUR Kostgeld zu bezahlen, obwohl er dort laut Meldebescheinigung bereits am 1.10.2018 ausgezogen ist.

3. Die Einstandspflicht folgt auch nicht daraus, dass eine Sachbearbeiterin der Bekl. gegenüber der VN in einem Telefonat bestätigt haben soll, dass Versicherungsschutz für den Kl. bestehe. Die VN konnte eine solche Auskunft nicht so verstehen, dass eine Sachbearbeiterin ein in den Versicherungsbedingungen nicht vereinbartes, die Bekl. bindendes Anerkenntnis einer der Voraussetzungen der Leistungspflichtpflicht abgegeben hat und abgeben wollte. Die Vernehmung der VN als Zeugin ist daher nicht geboten.

zfs 8/2023, S. 458

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