[…] II. Dem Antrag der GenStA entsprechend ist auf die Rechtsbeschwerde das Urteil aufzuheben und der Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 15.2.2022 als unzulässig zu verwerfen, weil dem Erlass eines Sachurteils durch das Amtsgericht ein Verfahrenshindernis entgegenstand.

Die GenStA hat dazu in ihrer Antragsschrift zutreffend ausgeführt: "Das AG hat – wie zuvor die Verwaltungsbehörde – übersehen, dass gegen den Bußgeldbescheid vom 15.2.2022 ein wirksamer Einspruch nicht eingelegt ist. Die eingetretene Rechtskraft des Bescheids stellt ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis dar, das neben der Aufhebung des Urteils gemäß § 79 Abs. 6 S. 1 OWiG die Verwerfung des Einspruchs als unzulässig durch das Rechtsbeschwerdegericht erfordert (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 15.2.2017 – 3 Ss OWi 1294/16, BeckRS 2017, 102375).

Der Bußgeldbescheid vom 15.2.2022 (As. 16) wurde dem Betroffenen am 18.2.2022 gemäß §§ 51 Abs. 1 OWiG, 3 Abs. 2 S. 1 LVwZG, 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist nach § 67 Abs. 1 S. 1 OWiG endete gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 43 Abs. 1 StPO folglich an einem Freitag, dem 4.3.2022.

Der Betroffene übermittelte sein unterschriebenes und eingescanntes Einspruchsschreiben vom 3.3.2022 am selben Tag von seinem E-Mail-Konto als Anhang einer E-Mail um 13:03:57 und nochmals um 13:05:18 "vorab" zur Kenntnis an die Zentrale Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe.

Der mittels Anhang einer einfachen E-Mail übersandte Einspruch ist jedoch formunwirksam, da er – mangels Verkörperung – weder schriftlich noch zur Niederschrift der Bußgeldbehörde eingelegt worden ist (vgl. § 67 Abs. 1 S. 1 OWiG), aber auch der elektronischen Form gemäß §§ 110c S. 1 OWiG, 32a StPO nicht genügt (vgl. AG Stuttgart, Beschl. v. 23.9.2021 – 18 OWi 73 Js 75232/21, BeckRS 2021, 32419; vgl. Gertler in: BeckOK OWiG, Graf, 36. Edition, Stand: 1.10.2022, § 67 Rn 68; Krenberger/Krumm, OWiG, 7. Auf. 2022, § 67 Rn 33; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.11.2020 – 2 Rv 21 Ss 483/20; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.4.2021 – 2 Ws 73/21, 2 Rv 31 Ss 155/21 [jeweils zur Vertretungsvollmacht in der Berufungshauptverhandlung]).

Gemäß § 32a Abs. 3 StPO muss ein Dokument, das schriftlich abzufassen, zu unterschreiben oder zu unterzeichnen ist, als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 32a Abs. 4 StPO eingereicht werden. Die elektronischen Eingaben des Betroffenen weisen jedoch weder eine qualifizierte elektronische Signatur auf noch wurden sie auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht. Zwar reichte der Betroffene seine Einspruchsschrift per Einschreiben auch noch schriftlich ein. Dieses Schreiben ging jedoch erst am 5.3.2022 – und damit einen Tag zu spät – bei der Bußgeldbehörde ein.

Zwar kann auch ein Ausdruck des Anhangs einer einfachen E-Mail dem so eingelegten Einspruch noch zur Wirksamkeit verhelfen (vgl. AG Stuttgart a.a.O.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.4.2021 – 2 Ws 73/21, 2 Rv 31 Ss 155/21). Das als E-Mail-Anhang übersandte Einspruchsschreiben wurde behördlicherseits jedoch erst am 28.4.2022 zum Zwecke der Gewährung von Akteneinsicht ausgedruckt. Zu diesem Zeitpunkt war die Einspruchsfrist bereits abgelaufen.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass von einer stillschweigenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die Verwaltungsbehörde vorliegend nicht ausgegangen werden kann, da diese die Verspätung des Einspruchs nach Aktenlage schlicht übersehen hat (vgl. Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 18. Aufl. 2021, § 52 Rn 29 m.w.N.). Für eine Wiedereinsetzung bestand und besteht auch kein Anlass, da der Betroffene im Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle umfassend und zutreffend belehrt wurde. Indem er seine Einspruchsschrift auch noch schriftlich einreichte, gab der Betroffene zu erkennen, dass er diese Belehrung auch verstanden hat und selbst noch nicht von einem wirksamen Einspruch ausging.

Soweit zum Teil erwogen wird, der Einspruch sei zulässig oder es sei jedenfalls dann Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn die Behörde auf ihrem Bescheid eine E-Mail-Adresse angibt, ohne diesen Kommunikationsweg auszuschließen (vgl. Krenberger/Krumm a.a.O., § 67 Rn 33 m.w.N.), kann dies jedenfalls im vorliegenden Fall nicht gelten. Im Briefkopf der Zentralen Bußgeldstelle sind zwei E-Mail-Adressen genannt, eine gewöhnliche sowie eine De-Mail-Adresse. Zudem enthält der Bußgeldbescheid unter der Rubrik "Telefonische Sprechzeiten" den Hinweis: "Rechtsmittel per poststelle@im.bwl.de-mail.de sind zulässig." Hieraus ergibt sich im Zusammenspiel mit der Rechtsbehelfsbelehrung eindeutig, dass Rechtsmittel, die mit gewöhnlicher E-Mail erhoben werden, nicht zulässig sind."

Dem schließt sich der Senat an. Durch die in der Gegenerklärung des Betroffenen gemachten Ausführungen sieht sich der Senat zu der ergänzenden Bemerk...

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