Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Vertretungsvollmacht. elektronisches Dokument. Strafrecht. Zum Nachweis der Vertretungsvollmacht durch ein elektronisches Dokument

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis der Vertretungsvollmacht durch ein elektronisches Dokument muss dieses qualifiziert signiert oder auf einem der in § 32a Abs. 4 StPO genannten sicheren Übermittlungswege übermittelt worden sein.

 

Normenkette

StPO §§ 32a, 234, 329 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 15.04.2020; Aktenzeichen 12/18 17 Ns 92 Js 10739/14 (2))

 

Tenor

  1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 15.4.2020 wird als unzulässig verworfen.
  2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 satz 1 StPO).
 

Gründe

Mit dem angefochtenen Urteil vom 15.4.2020 hat das Landgericht Freiburg die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 16.6.2017 gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Ein vom Angeklagter gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung blieb erfolglos. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte, dass die Voraussetzungen für eine Verwerfung seiner Berufung gemäß § 329 Abs. 1 StPO nicht vorgelegen hätten, und das Landgericht dabei seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Revision des Angeklagten ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, weil eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge, welche die den Mangel begründenden Tatsachen vollständig mitteilt, nicht formgerecht erhoben wurde und es auch an der allgemeinen Sachrüge fehlt.

1. Macht der Revisionsführer geltend, dass das Tatgericht die in § 329 Abs. 1 StPO umschriebenen Voraussetzungen für eine Verwerfung der Berufung nicht beachtet habe, wird eine Verletzung des formellen Rechts geltend gemacht, die den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen genügen muss (OLG Hamm, Beschluss vom 26.2.2019 - III-5 RVs 11/19, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 16.9.2019 - Ss 44/2109 (26/19), juris; BayObLG, Beschluss vom 9.10.2020 - 202 StRR 94/20; KK-Paul, StPO, 8. Aufl., § 329 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 329 Rn. 48 jew. m.w.N.). Dazu sind die Verfahrenstatsachen so vollständig, genau und aus sich heraus verständlich darzulegen, dass das Revisionsgericht allein auf dieser Grundlage ohne Rückgriff auf die Akten oder andere Schriftstücke prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (st. Rspr., BGH NStZ-RR 2006, 48; 2013, 222). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag in der Revisionsbegründung nicht.

a) Soweit zunächst geltend gemacht wird, das Landgericht habe bereits verkannt, dass der Angeklagte dem Hauptverhandlungstermin nicht unentschuldigt ferngeblieben sei, ist der diesbezügliche Vortrag nicht vollständig. Nach dem Vortrag in der Revisionsbegründung will der Angeklagte im Hinblick auf eine Mitteilung des Gerichts, dass es sich bei dem Termin am 15.4.2020 um einen sog. Springertermin ohne wesentliche Verhandlung zur Sache handele, und die Vertretung durch seinen (bestellten) Verteidiger darauf vertraut haben, nicht selbst zum Termin erscheinen zu müssen. Die Revision versäumt es jedoch, den für die Beurteilung bedeutsamen, sich aus dem Protokoll ergebenden Umstand mitzuteilen, dass am Schluss des dem 15.4.2020 vorausgehenden Sitzungstags am 25.3.2020, an dem der Angeklagte teilnahm, die Beteiligten nicht nur auf die Fortsetzung der Verhandlung am 15.4.2020 hingewiesen wurden, sondern der Angeklagte ausdrücklich über die Folgen eines Ausbleibens belehrt wurde.

b) Soweit die Rüge in erster Linie darauf gestützt ist, dass der Verwerfung die Anwesenheit eines Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht entgegengestanden habe, ist der Vortrag ebenfalls nicht so vollständig, dass dem Senat eine rechtliche Prüfung möglich ist.

Im Hinblick darauf, dass die Strafkammer nach dem Vorbringen in der Revisionsbegründung eine vom Verteidiger vorgezeigte Vollmacht als inhaltlich nicht ausreichend beanstandet hatte, hätte es des Vortrags in der Begründungsschrift selbst bedurft, welchen Inhalt diese und eine weitere Vollmacht hatte, über die der Verteidiger nach dem Vortrag in der Revisionsbegründung verfügte. Die bloße Bezugnahme in der Begründungschrift ist insoweit nicht ausreichend.

Zudem ergibt sich aus dem Vortrag in der Begründungschrift, dass der Verteidiger nicht über eine schriftliche Vollmacht verfügte, sondern diese ihm als eingescannte elektronische Dokumente auf sein Laptop übermittelt worden waren. Soweit der Nachweis nach früherer Rechtslage allein schriftlich möglich war, ist dies zwar durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (BGBl. I 2017, 2208) zugunsten ...

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