[…] Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe in ihrer Antragsschrift vom 6.5.2021 Bezug.

Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Der Senat hält – soweit ersichtlich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte – an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass die Verwertbarkeit der Ergebnisse eines – wie vorliegend – standardisierten Messverfahrens nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden, zu speichernden und an den Betroffenen auf Verlangen herauszugebenden Rohmessdaten abhängig ist und dass durch die fehlende Reproduzierbarkeit der zum einzelnen Messwert führenden Berechnung weder der Anspruch auf ein faires Verfahren noch der auf effektive Verteidigung berührt wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.11.2019 – 2 Rb 35 Ss 808/19; vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 9.11.2020 – 23 Ss 620/20, NJW 2021, 176). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Rüge im Rahmen eines Zulassungsantrags nach § 80 Abs. 1 OWiG überhaupt zulässig ist (verneinend: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.1.2020 – 2 Rb 34 Ss 843/19 – n.v.)

Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers ergibt sich aus der zitierten Entscheidung des BVerfG vom 12.11.2020 (2 BvR 1616/18 = NJW 2021, 455) nichts anderes. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung aus dem Recht auf ein faires Verfahren abgeleitet, dass dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, anlässlich der Tatermittlung entstandene Unterlagen der Ermittlungsbehörden, die nicht zum Bestandteil der Akten im Bußgeldverfahren geworden sind, durch seine Verteidigung einsehen zu lassen, um ggf. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Messergebnisses ermitteln und damit das Gericht ggf. zur Aufklärung etwaiger Messfehler anhalten zu können. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht, das eine generell-abstrakte, über den Einzelfall hinausgehende Festlegung des Umfangs des Informationszugangs und der Modalitäten seiner Gewährung von Verfassungs wegen nicht für geboten hält, die Rechtsprechungspraxis zu standardisierten Messverfahren zur Sicherung der Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege ausdrücklich nicht beanstandet und hat den Anspruch auf Zugang nur zu solchen Informationen und Daten zuerkannt, die sich zwar nicht bei der Bußgeldakte befinden, aber bei der Bußgeldbehörde vorhanden sind. Nicht gespeicherte Rohmessdaten sind aber auch bei der Bußgeldbehörde nicht vorhanden. Auch die zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 16.7.2019 – 1 Rb 10 Ss 291/19 – betraf lediglich den Zugang zu solchen Daten und Informationen, die bei der Bußgeldbehörde vorhanden waren.

b) Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (BayObLGSt 1998, 22; 2003, 105; OLG Stuttgart NJW 2004, 83; OLG Bamberg DAR 2006, 336; OLG Hamm ZfS 2010, 111; OLG Koblenz ZfS 2020, 713, s. auch Senat, Beschl. v. 6.4.2021 – 2 Rb 43 Ss 193/21 – n.v.) begründen Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen bei der Erhebung eines Bildes bei den Passbehörden regelmäßig weder ein Verfahrenshindernis noch ein Beweisverwertungsverbot. Dies gilt erst recht im vorliegenden Fall, in dem die Erhebung des bei der Passbehörde gespeicherten Bildes des Betroffenen wegen der Berufung des zunächst als Betroffener angehörten Fahrzeughalters auf sein Zeugnisverweigerungsrecht jedenfalls letztlich gerechtfertigt war. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Annahme eines Beweisverwertungsverbots dies nur das erhobene Lichtbild selbst beträfe, ohne der Verwertung sich daran anschließender Ermittlungsergebnisse entgegenzustehen (vgl. nur BVerfG BVerfGK 7, 61; NStZ 2011, 103; BGH NStZ-RR 2016, 216). Vorliegend hat das Amtsgericht den Betroffenen im Übrigen aufgrund der über seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung abgegebenen, für das Gericht glaubhaften Erklärung, die Fahrereigenschaft werde eingeräumt, verurteilt.

aa) Das Vorgehen der Bußgeldbehörde entsprach darüber hinaus den sich aus § 22 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 PassG ergebenden Anforderungen (ebenso mit ausführlicher Begründung OLG Koblenz a.a.O. – zu §§ 24, 25 PAuswG).

bb) Bereits im Achtzehnten Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz in Baden-Württemberg (1997, LT-Drs. 12/2242, S. 114 f.) ist dazu ausgeführt:

"Manche Datenschutzanliegen sind wahre Dauerbrenner. So schreiben uns in schöner Regelmäßigkeit nahezu Woche für Woche Bürger, es könne doch nicht im Einklang mit dem Datenschutz stehen, wenn die Bußgeldbehörde oder die Polizei die bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder einem anderen Verkehrsverstoß fotografierte Person mit dem im Paß-/Personalausweisregister enthaltenen Lichtbild vergleiche, um den Verkehrssünder zu ermitteln. Sie hatten nämlich geglaubt, wenn sie als Fahrzeughalter der Bußgeldstelle den verantwortlichen Fahrer nicht nennen würden, könne diese nicht in Erfahrung bringen, wer gefahren ist, und waren deshalb erstaunt, daß die Bußgeldstelle durch den Lichtbildabglei...

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